Jungen und Alten, Armen und Reichen Brod und
Wein gereicht, und ungemessen Futter vor die Rosse
getragen.“ Der König sprach: „hier will ich mein
Gemach haben, und mich wenig um die Speise bekümmern,
die sie in der Stadt austheilen; kauft mir für
mein Guldenpfennige was ich bedarf, schafft mir viel
und genug. Als der Wirth das Gold sah, sagte er
bei sich selbst. „Das ist ein rechter Edelmann deßgleichen
meine Augen nie erblickten!“ Nachdem die
Speise köstlich und reichlich zugerichtet, und Carl zu
Tisch gesessen war, forderte er einen Wächter vom
Wirth, der sein des Nachts über pflege, und legte
sich zu Bette. In dem Bette aber liegend, rief er
den Wächter, und mahnte ihn theuer: „wann man
den Singos im Dom läuten wird, sollst du mich wecken,
daß ich das Läuten höre; dies gülden Fingerlein
will ich dir zu Miethe geben.“ Als nun der Wächter
die Glocke vernahm, trat er ans Bette vor den
schlafenden König: „Wohlan, Herr, gebt mir meine
Miethe, eben läuten sie den Singos im Dom.“
Schnell stand er auf, legte ein reiches Gewand an,
und bat den Wirth, ihn zu geleiten. Dann nahm er
ihn bei der Hand, und ging mit ihm vor das Burgthor,
aber es lagen starke Riegel davor. „Herr,
sprach der Wirth, ihr müßt unten durchschliefen, aber
dann wird euer Gewand kothig werden. „Daraus
mach ich mir wenig, und würde es ganz zerrissen.“
Nun schlossen sie dem Thor hinein; der König voll
weisen Sinnes, hieß den Wirth um den Dom gehen,
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_128.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)