Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 161.jpg

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heißet die Stelle der Schäftenwald,[1] wie man noch heutiges Tages sehen mag. Der König aber ließ, Christus und der heiligen Marien zu Ehren, daselbst eine reiche Kirche bauen.

Carl hatte eine Sünde gethan, keinem Menschen auf Erden wollt er sie beichten, und darin ersterben. In die Länge aber wurde ihm die Bürde zu schwer, und da er von Egidius dem heiligen Manne gehört hatte, so legte er ihm Beichte ab aller Dinge, die er bis dahin gethan: „außerdem – sprach er – habe ich noch eine Sünde auf mir, die mag ich dir nicht eröffnen, und bin doch in großen Ängsten.“ Egidius rieth ihm, da zu bleiben, bis den andern Morgen; beide waren übernacht zusammen, und keiner pflag Schlafes. Am andern Tage früh bat der König den heiligen Mann, daß er ihn dannen fertigte. Da bat Egidius Gott von Herzen, und eröffnete ihm des Königs heimliche Noth; als er die Messe endete, und den Segen sprach, sah er einen Brief geschrieben ohne Menschenhand, vom Himmel gesandt. Den wies er dem Könige, und Carl las daran: wer seine Schuld inniglich bereut, und Gott vertraut, die fordert er nimmermehr.

Sollte man alle Wunder des Königs erzählen, so wäre lange Zeit nöthig. Carl war kühn, schön, gnädig, selig, demüthig, stät, löblich und furchtlich. Zu Aachen liegt er begraben.



  1. Auch Schächtewald und Gluvinkwald von Glevin, Schaft.
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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_161.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)