Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 165.jpg

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einem Heerzug, daß eine Laube oder Cammer unter ihm einging, er hinunter stürzte, und eine Rippe ausfiel. Allein er verbarg den Schaden vor jedermann, vollbrachte seine Reise, und es heißt, die, welche dieselbige Zeit ihn begleiteten, haben seine Rippe im Zug klappern hören. Wie alles ausgerichtet war, zog er gen Ach, und lag zwei Monat im Bett nieder, ließ sich erst da recht verbinden.




459.
Die Königin im Wachshemd.

Königs Chronik Cod. pal. 361. fol. 94.


Ludwig der Deutsche hinterließ drei Söhne: Carl, Ludwig und Carlman. Unter diesen nahm sich König Carl eine schöne und tugendsame Gemahlin, deren reines Leben ihr bald Neider am Hofe erweckte. Als der König eines Morgens früh in die Metten ging, folgte ihm Sigerat sein Dienstmann, der sprach: „Herr, was meine Frau begeht, ziemet nicht euren Ehren, mehr darf ich nicht sagen.“ Der König blickte ihn an, und sagte traurig: „sage mir schnell die Wahrheit, wo du irgend etwas gesehen hast, was wider des Reiches Ehren stößt.“ Der listige Alte versetzte: „leider, ich werde nimmermehr froh, seit ich gesehen habe, daß meine Fraue andere Männer minnet; lüge ich, so heißt mich an einen Baum hängen.“

Der König eilte schnell in seine Schlafkammer zurück, und legte sich stillschweigend an der Königin

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_165.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)