Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 169.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Faden, woran sich der König hielt, zu ihnen zu ziehen; allein sie vermochten nicht, seiner großen Klarheit wegen, und fuhren davor zurück. Darauf kamen sie von hinten, und wollten Carl mit langen Haken ziehen und fallen machen; allein der, welcher ihn führte, warf ihm den Faden doppelt um die Schulter, und hielt ihn stark zurück.

Hierauf bestiegen sie hohe Berge, zu deren Füßen glühende Flüsse und Seen lagen. In diese fand er die Seelen der Leute seines Vaters, seiner Vorfahren und Brüder bis zu den Haupthaaren, einige bis zum Kinn, andere bis zum Nabel getaucht. Sie huben an ihm entgegen zu schreien, und heulten: „Carl, Carl, weil wir Mordthaten begingen, Krieg und Raub, müssen wir in diesen Qualen bleiben!“ Und hinter ihm jammerten andre; da wandte er sich um, und sah an den Ufern des Flusses Eisenöfen, voll Drachen und Schlangen, in denen er andere bekannte Fürsten leiden sah. Einer der Drachen flog herzu, und wollte ihn schlingen: aber sein Führer wand ihm den dritten Schleif des Fadens um die Schulter.

Nächstdem gelangten sie in ein ungeheuer großes Thal, welches auf der einen Seite licht, auf der andern dunkel war. In der dunkeln lagen einige Könige, seine Vorfahren, in schrecklichen Peinen; und am Lichte, das der Faden warf, erkannte Carl in einem Faß, mit siedendem Wasser, seinen eigenen Vater, König Ludwig, der ihn kläglich ermahnte, und ihm links zwei gleiche Kufen zeigte, die ihm selber

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_169.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)