Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 191.jpg

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hörte, ließ er von Stund an den Ritter fangen, und ihm das Haupt abschlagen. Aber es soll aus seinem Halse kein Blut geflossen seyn, sondern Milch. Der Kaiser, als er das Wunder sah, rief „hierum steht’s nicht recht,“ ließ die Kaiserin vorfordern, und fragte sie hart um die Wahrheit. Sie fiel bestürzt zu Fuß, und bat um Gnade; er aber als ein gestrenger Richter, nachdem er die Lügen erfahren, ließ sein Weib dieser Unthat wegen fangen und brennen, blieb auch ohne Weib und Erben sein Lebetage.




474.
Kaiser Otto hält Witwen- und Waisengericht.
Gotfridus Viterb. l. c. p. 329. 330.

Lirer Theil II. Etterlin S. 60. 61. Königshofen S. 109.
Gerstenberger ap. Schminke I. 77 - 80.


Otto der dritte hatte ein unstät Weib, die warb an einen Grafen, daß er mit ihr buhlen sollte; das wollte der Graf nicht thun, und seinen Herrn nicht entehren, noch sich selber. Da gab die Königin diesen Grafen an beim König, und sprach: „der Graf hat mich meiner Ehren angemuthet.“ Der König hieß, in jähem Zorn, den Grafen tödten. Indem er aber zum Tod geführt wurde, begegnete ihm sein Ehegemahl; der offenbarte er, wie ihn die Königin böslich um Frömmigkeit, Biederkeit und Leben bringe; und ermahnte sie, nach seinem Tode das glühende Eisen zu tragen auf seine Unschuld. Nun ward dem frommen Grafen sein Haupt abgeschlagen, und eine

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_191.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)