Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 216.jpg

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des Herzogen war, rieth ich ihm je das Beste; er gab mich dem König hin, daran warb er übel; denn verrieth ich nun das Reich, so thät ich als ein Treuloser. Doch will ich dem König am Hofe ein Beispiel erzählen, das magst du wohl in Acht behalten, und deinem Herrn hinterbringen; frommt es ihm, so steht es gut um seine Ehre.

Früh des andern Morgens, als der ganze Hof versammelt war, trat der Alte vor den König und bat sich aus, daß er ein Beispiel erzählen dürfte. Der König sagte, daß er ihn gerne hören würde, und der alte Rathgebe begann: Vor Zeiten, wie mir mein Vater erzählte, lebte hier ein Mann, der mit großem Fleiß seines Gartens wartete, und viel gute Kräuter und Würze darin zog. Dies wurde ein Hirsch gewahr, der schlich sich Nachts in den Garten, und zerfraß und verwüstete die Kräuter des Mannes, daß alles niederlag. Das trieb er manchen Tag lang, bis ihn der Gärtner erwischte und seinen Schaden rächen wollte. Doch war ihm der Hirsch zu schnell, der Mann schlug ihm blos das eine Ohr ab. Als der Hirsch dennoch nicht von dem Garten ließ, betrat ihn der Mann von neuem und schlug ihm halb den Schwanz ab; das trag dir, sagte er, zum Wahrzeichen! schmerzt’s dich, so kommst du nicht wieder. Bald aber heilten dem Hirsch die Wunden, er strich seine alten Schliche, und äßte dem Mann Kraut und Wurzeln ab, bis daß dieser den Garten listig mit Netzen umstellen ließ. Wie nun der Hirsch entfliehen wollte,

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_216.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)