Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 309.jpg

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er nichts sähe; so fuhren sie lang’ und weit, bis endlich der Schwan das Schloß Megen erkannte, wo seine Herrin wohnte, kümmerlich als eine arme Witwe in fremdem Lande, ihre beiden Kinder auferziehend. Der Schwan, als er nun seinen gewohnten Aufenthalt erblickte, schlug die Flügel, erhob sich in die Lüfte und flog zum Graben, wo ihn die Frau aus ihrer Hand fressen ließ. Als sich aber Salvius von seinem Führer verlassen sah, wurde er betrübt, landete mit seinem Nachen und sprang ans Land; er hielt den Bogen gespannt und dachte den Schwan zu schießen, falls er ihn erreichen könnte. Wie er nun weiter ging, und den Vogel im Schloßgraben fand, leg« er den Pfeil auf und zielte. Indem war die Frau ans Fenster getreten, den Schwan zu liebkosen, und sah einen fremden Mann darauf anlegen. Erschrocken rief sie laut in griechischer Sprache: Ritter, ich beschwöre dich, tödte mir nicht diesen Schwan. Salvius Brabon, der sich mit diesen Worten in einem wildfremden Lande, und durch eine Frau in seiner Sprache anrufen hörte, war überaus betroffen, zog jedoch die, Hand vom Bogen, und that den Pfeil vom Strang; darauf fragte er die Frau auf griechisch, was sie in dem abgelegenen, wilden Lande mache? Sie aber war noch mehr erschrocken, sich in ihrer Muttersprache anreden zu hören, und lud ihn ein „in die Burg zu treten, so würden sie sich vollständig einander Aufschluß geben können;“ welches er auch mit Vergnügen annahm. Als er innen war, fragte sie ihn eine Menge Dinge,

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_309.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)