und erfuhr auch Julius Cäsars Aufenthalt zu Cleve.
Weil sie aber hörte, daß der Ritter aus Arcadia
stammte, nahm sie sich ein Herz und forderte ihm einen
Eid ab „daß er ihr beistehn wolle, wie man Witwen
und Waisen soll"; darauf erzählte sie umständlich
alle ihre Begebenheiten. Sie bat, daß er sie wieder
mit ihrem Bruder aussöhnen möchte, und gab ihm
für diesen zum Wahrzeichen ein goldnes Götzenbild,
das ihr Julius Cäsar einstmals aufzuheben vertraut
hatte, mit. Salvius Brabon versprach das Seinige
zu thun, und kehrte wieder zu seinem Herrn nach
Cleve zurück. Er grüßte ihn von seiner Schwester
und gab ihm das Goldbild, welches Julius Cäsar auf
den ersten Blick erkannte. Sodann fragte er den
Salvius, wo er sie gefunden hätte? Dieser erzählte
ihr Leben und Schicksal, und bat um Verzeihung.
Cäsar wurde gerührt zum Erbarmen, und bedauerte
auch seines Schwagers, Carl Ynachs, Tod; hierauf
wollte er sogleich seine Schwester und Neffen sehen;
Salvius Brabon führte ihn mit Freuden nach dem
Schlosse Megen. Sie erkannten sich mit herzlicher
Wonne; Salvius Brabon bat sich die junge Schwan,
des Kaisers Nichte, zur Gemahlin aus, die ihm auch
bewilligt wurde. Die Hochzeit geschah zu Löwen.
Julius Cäsar verlieh seiner Nichte und ihrem Gemahl
eine weite Strecke Landes als ein Herzogthum, von
dem Meer mit dem Wald Soigne und dem Flusse
Schelde, bis zu dem Bächlein, welches heißet Lace.
Brabon war hier der erste Fürst, und von ihm
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_310.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)