ein Horn und sprach: dieses Horn bewahre wohl!
denn alle, die es blasen hören, denen mag kein Leid
geschehen. Der Schwan schrie drei oder vier Mal
ganz mit seltsamer Stimme; da ging Helias zum Gestade
hinab; sogleich schlug der Vogel die Flügel, als
ob er ihn fröhlich bewillkommte, und neigte seinen
Hals. Helias betrat den Nachen, und der Schwan
stellte sich vornen hin und schwamm voraus; schnell
flossen sie davon, von Fluß in Fluß, von Strom in
Strom, bis sie zu der Stelle gelangten, wohin sie
nach Gottes Willen beschieden waren.
Zu diesen Zeiten herrschte Otto der erste, Kaiser von Deutschland, und unter ihm stand das Ardennerland, Lüttich und Namur. Dieser hielt gerade seinen Reichstag zu Nimmegen, und wer über ein Unrecht zu klagen hatte, der kam dahin und brachte seine Worte an. Es begab sich nun, daß auch der Graf von Frankenburg vor den Kaiser trat, und die Herzogin von Billon (Bouillon), Namens Clarissa, beschuldigte, „ihren Gemahl vergiftet, und während seiner dreijährigen Meerfahrt eine unrechte Tochter erzeugt zu haben; darum sey das Land nunmehr an ihn, den Bruder des Herzogs verfallen.“ Die Herzogin verantwortete sich, so gut sie konnte; aber das Gericht sprach einen Gotteskampf aus „und daß sie sich einen Streiter gegen den Grafen von Frankenburg stellen müsse, der ihre Unschuld darthun wolle.“ Die Herzogin sah sich aber vergebens nach einem Retter um, indem hörten alle ein Horn blasen. Da
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_319.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)