Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 319.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


ein Horn und sprach: dieses Horn bewahre wohl! denn alle, die es blasen hören, denen mag kein Leid geschehen. Der Schwan schrie drei oder vier Mal ganz mit seltsamer Stimme; da ging Helias zum Gestade hinab; sogleich schlug der Vogel die Flügel, als ob er ihn fröhlich bewillkommte, und neigte seinen Hals. Helias betrat den Nachen, und der Schwan stellte sich vornen hin und schwamm voraus; schnell flossen sie davon, von Fluß in Fluß, von Strom in Strom, bis sie zu der Stelle gelangten, wohin sie nach Gottes Willen beschieden waren.

Zu diesen Zeiten herrschte Otto der erste, Kaiser von Deutschland, und unter ihm stand das Ardennerland, Lüttich und Namur. Dieser hielt gerade seinen Reichstag zu Nimmegen, und wer über ein Unrecht zu klagen hatte, der kam dahin und brachte seine Worte an. Es begab sich nun, daß auch der Graf von Frankenburg vor den Kaiser trat, und die Herzogin von Billon (Bouillon), Namens Clarissa, beschuldigte, „ihren Gemahl vergiftet, und während seiner dreijährigen Meerfahrt eine unrechte Tochter erzeugt zu haben; darum sey das Land nunmehr an ihn, den Bruder des Herzogs verfallen.“ Die Herzogin verantwortete sich, so gut sie konnte; aber das Gericht sprach einen Gotteskampf aus „und daß sie sich einen Streiter gegen den Grafen von Frankenburg stellen müsse, der ihre Unschuld darthun wolle.“ Die Herzogin sah sich aber vergebens nach einem Retter um, indem hörten alle ein Horn blasen. Da

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_319.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)