Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 329.jpg

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den Herzog von Cleve herunter stach, und dieser den Arm zerbrach; neidisch redete da die Clever Herzogin laut unter den Frauen: „ein kühner Held mag Lohengrin seyn, und Christenglauben scheint er zu haben; schade, daß Adels halben sein Ruhm gering ist; denn niemand weiß, woher er ans Land geschwommen kam.“ Dies Wort ging der Herzogin von Brabant durch das Herz, sie erröthete und erblich. Nachts im Bette, als ihr Gemahl sie in Armen hielt, weinte sie; er sprach: „Lieb, was wirret dir?“ Sie antwortete „die Clever Herzogin hat mich zu tiefem Seufzen gebracht“; aber Lohengrin schwieg und fragte nicht weiter. Die zweite Nacht wollte sie wieder; er aber merkte es wohl, und stillte sie nochmals. Allein in der dritten Nacht konnte sich Elsam nicht länger halten, und sprach: „Herr, zürnt mir nicht! ich wüßte gern, von wannen ihr geboren seyd; denn mein Herz sagt mir, ihr seyet reich an Adel.“ Als nun der Tag anbrach, erklärte Lohengrin öffentlich, von woher er stamme: daß Parcifal sein Vater sey, und Gott ihn vom Grale hergesandt habe. Darauf ließ er seine beiden Kinder bringen, die ihm die Herzogin geboren, küßte sie, und befahl „ihnen Horn und Schwert, das er zurück lasse, wohl aufzuheben“; der Herzogin ließ er das Fingerlein, das ihm einst seine Mutter geschenkt hatte. Da kam mit Eile sein Freund, der Schwan, geschwommen, hinter ihm das Schifflein; der Fürst trat hinein, und fuhr wider Wasser und Wege in des Grales Amt. Elsam sank ohnmächtig nieder, daß man

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_329.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)