aufgeschüttet waren. Nun that der Landgraf, als
wollte er hinein greifen und eine Hand voll einstecken;
der Soldat aber, als er das sah, gab ihm drei gewaltige
Ohrfeigen und sprach: „meinem gnädigen
Fürsten darfst du nichts nehmen, dem muß man getreu
seyn!“ „Nun sey nur nicht bös – sprach der
Bettelmann – ich habe ja noch nichts genommen.“
Darauf gingen sie zusammen nach Haus, und schliefen
wieder bis der Tag anbrach; da gab der Soldat
dem Armen erst zu essen und trinken, und noch etwas
Geld dabei, sprach auch: „wenn das all ist und du
brauchst wieder, so komm nur getrost zu mir; betteln
sollst du nicht.“
Der Landgraf aber ging in sein Schloß, zog den Linnenkittel aus und seine fürstlichen Kleider an. Darauf ließ er den wachthabenden Hauptmann rufen und befahl, er sollte den und den Soldaten – und nannte den, mit welchem er in der Nacht herum gegangen war – zur Wache an seiner Thür beordern. „Ei – dachte der Soldat – was wird da los seyn, du hast noch niemals die Wache gethan; doch wenns dein gnädiger Fürst befiehlt, ists gut.“ Als er nun da stand, hieß der Landgraf ihn herein treten und fragte ihn: warum er sich so schön trüge, und wer ihm das Geld dazu gäbe? „Ich und meine Frau, wir müssen’s verdienen mit Arbeiten,“ antwortete der Soldat, und wollte weiter nichts gestehen. „Das bringt so viel nicht ein – sprach der Landgraf – du mußt sonst was haben.“ Der Soldat gab aber nichts zu.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 359. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_379.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)