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er „so sehr ihn der Mord des jungen Herrn reue, der in seinem Anbieten doch schon gewußt habe, daß er Herrschaften auszutheilen gehabt: so gereue ihn noch hundert Mal mehr, wenn er der unschuldigen Kinderworte des Mägdleins gedenke.“ Die Leichname der beiden Kinder wurden im Closter Himmelskron beigesetzt, und werden zum ewigen Andenken der Begebenheit als ein Heiligthum den Pilgrimmen gewiesen.

Nach einer andern Sage soll die Gräfin die Kinder selbst getödtet, und zwar Nadeln in ihre zarte Hirnschalen gesteckt haben. Der Burggraf hatte aber unter den vier Augen die seiner beiden Eltern gemeint, und heurathete hernach die Gräfin dennoch nicht. Einigen zufolge ging sie, von ihrem Gewissen gepeinigt, barfuß nach Rom, und starb auf der Stelle, so bald sie heim kehrte, vor der Himmelskroner Kirchthüre. Noch gewöhnlicher aber wird erzählt: daß sie in Schuhen, inwendig mit Nadeln und Nägeln besetzt, anderthalb Meilen von Plassenburg nach Himmelskron ging, und gleich beim Eintritt in die Kirche todt niederfiel. Ihr Geist soll in dem Schloß umgehen.



392.b.
Lamissio und die Amazonen.
Paulus Diac. I, 15.

Als die Longobarden sich dem Reiche der Kriegsjungfrauen (deren es noch in dem Innern Deutschlands geben soll) näherten, wollten ihnen diese den Uebergang eines Flusses an ihrer Grenze nicht verstatten. Es wurde daher ausgemacht: daß ein auserwählter

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_397.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)