Seite:Deutscher Dichterwald 073.jpg

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3.

Aus des Schiffleins trautem Dunkel,
Wo mein Liebchen mir gewacht,
Tret’ ich in das Sterngefunkel
In die monderhellte Nacht.

5
Straß’ und Brücke ringsum schweigen

Und der Fenster Schein erblich,
Aber Sterne zahllos neigen
Auf die stillen Pfade sich.

Sah ich nie dieß Glanzgewimmel

10
Und die lichtbesäte Bahn?

Oder hat ein neuer Himmel
Wunderbar sich aufgethan?

Wie sie all’ herauf mir winken,
Glüh’nde Lichter, hell und rein!

15
Möcht in ihre Glut versinken,

Goldig wehn in ihrem Schein!

Fluten rollen ohn’ Ermatten,
Welch ein rasch lebendig Thun! -
In den tiefen Mondesschatten

20
Welch ein heimlich süßes Ruhn!


Mit den Fluten möcht’ ich treiben,
Rastlos mit dem Strome gehn,
In den Schatten möcht’ ich bleiben
Ewig still und ungesehn.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_073.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)