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Ich war erwacht, ich eilt’ ins Freie,

Seltsam bewegt von Lieb’ und Wahn;
Und, wie im Schlaf, so kam aufs Neue
Alsbald die Süße mir heran.

Wie dacht’ ich meines Traumes wieder!

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Meint’, alles wäre so geschehn.

Ich schlug verschämt die Augen nieder,
Und wagte kaum, sie anzusehn.

Doch hat sie bald zerstört mein Glücke;
Sie sah nicht auf, sie winkte kaum.

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Ach, diese Lippen, diese Blicke,

Sie wissen nichts von meinem Traum!

Geh denn, du armes Lied! verkünde,
Was ich ihr stets verschweigen muß!
Erfleh mir von dem guten Kinde

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Nur Einen holden Morgengruß!


So wird der Traum mir zur Geschichte,
Und tritt ins wache Leben ein:
Seh’ ich auf ihrem Angesichte
Den kurzen, lieben Wiederschein.

 Schwab.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)