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Abschied.

Wann golden sich der Morgen hebt,
Und Alles neu mit Luft belebt,
Dann denke deines Treuen;
Denk’ wie er zieht in’s Feld mit Muth,

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Und wie so gern er dir sein Blut,

Sein Alles möchte weihen.

Wann schwül der Mittag niedersinkt,
Zur Ruhe jedem Müden winkt,
Dann denke deines Treuen;

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Denk’, wie er wandert sonder Rast,

Und, dich im Herzen, keine Last,
Nicht Hitz’ und Durst will scheuen.

Wann Sturm und Regen braus’t und tobt,
Sich jeder Hütt’ und Heimat lobt,

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Dann denke deines Treuen;

Denk’, wie er stets nur denket dein,
Wie er in seiner Liebe Schein
Gern will dem Sturm verzeihen.

Wann blutig nun der Abend glüht,

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Und lange Geisterschatten zieht,

Dann auch denk’ deines Treuen;
Dann denke, wie, nach blut’ger Schlacht,
Gar sanft ein Bett ihm ist gemacht,
Wie tief er schläft im Freien.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_103.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)