Seite:Deutscher Dichterwald 208.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dann barg er’s unterm Kleide gut,
Und gieng zu einem Quelle,
Da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.

110
Zurücke ritt der jung Roland,

Dahin, wo er den Vater fand,
Noch schlafend bei der Eiche.

Er legt’ sich an des Vaters Seit’,
Vom Schlafe selbst bezwungen,

115
Bis in der kühlen Abendzeit

Herr Milon aufgesprungen:
„Wach’ auf, wach’ auf, mein Sohn Roland!
Nimm Schild und Lanze schnell zur Hand,
Daß wir den Riesen suchen!“

120
Sie stiegen auf und eilten sehr,

Zu schweifen in der Wilde,
Roland ritt hinterm Vater her
Mit dessen Speer und Schilde.
Sie kamen bald zu jener Stätt’,

125
Wo Roland jüngst gestritten hät,

Der Riese lag im Blute.

Roland kaum seinen Augen glaubt’,
Als nicht mehr war zu schauen
Die linke Hand, dazu das Haupt,

130
So er ihm abgehauen,

Nicht mehr des Riesen Schwerdt und Speer,
Auch nicht sein Schild und Harnisch mehr,
Nur Rumpf und blut’ge Glieder.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_208.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)