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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

8.
‚‚‚Dort drin in jener Kammer

schlägt sie die Hände zusammen.‘‘‘

9.
Der Bräutgam war ein flinker Mann,

er schaut, daß er in die Kammer kam.

10.
„„Was machst du da, feins Annelein,

was machst in deim Schlafkämmerlein?““

11.
„Ich mach wol auch gar wenig was,

ich zieh nur an mein Sammetrock;

12.
„Ich richt mir nur mein Schleierschürz,

die mir die Mutter hat zugeschickt.“

13.
Und wie sie auf den Hof herab kam:

„Gott behüt euch, Vater, Mutter, Bruder und Schwestr!“

14.
Und wie sie vor den Zaum naus kam:

„Gott behüt euch, Blümlein und grünes Gras
und Alles, was ich hinter mir laß!“

15.
Und wie sie auf die Heid naus kam,

da kam ein weißer Schwan geflogn:

16.
„Herzliebster Schwan! du fliegst in Freud,

ich aber ziehe fort in Leid!“

17.
Und wie sie zu der Brücke kam,

hieß sie den Knecht nur stille stahn:

18.
„Zieht mir nur aus mein weiß Gewand,

zieht mir den Goldring von der Hand!

19.
„Zieht mir ein weißen Kittel an,

daß ich darinne schwimmen kann!“

20.
Die Brücke war mit Eisen beschlagn,

sie konnte vierundvierzig Wagen tragn.

21.
Und wie sie auf die Brücke kam,

so fiel der Brücke der Boden herab:

22.
Die Braut war auf dem Sande,

die Hochzeit auf dem Rande.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_053.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)