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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

5.
Und als es war um Mitternacht,

dem jungn Graf träumts so schwer,
als ob sein allerliebster Schatz
ins Kloster gezogen wär.

6.
‚‚‚Auf, Knecht, steh auf und tummle dich,

sattl unser beide Pferd!
wir wollen reiten, sei Tag oder Nacht;
die Lieb ist Reitens werth!‘‘‘

7.
Und da sie vor jens Kloster kamn,

wol vor das hohe Thor,
fragt er nach jüngst der Nonnen,
die in dem Kloster war.

8.
Das Nönnlein kam gegangen

in einem schneeweißen Kleid;
ihr Härl war abgeschnitten,
ihr rother Mund war bleich.

9.
Der Knab, er setzt sich nieder,

er saß auf einem Stein;
er weint die hellen Thränen,
brach ihm sein Herz entzwei.


(Gedicht nach J. G. v. Herder’s „Volksliedern. 1. Theil. Leipzig, 1778.“ S. 15. – Mel. in J. F. Reichardt’s „Musikalischem Kunstmagazin. 1. Bd. Berlin, 1782.“ S. 154.)

2, 4. Venedisch, venetianisch. In diesem Sinne will es auch Joh. Fischart (Geschichtklitterung. 1590.) verstanden wissen, wenn er (S. 93) von „venedischen Trinkgläsern,“ (S. 311) von „venedischem Koch“ etc. spricht. Die Erklärung: „Nach der Tradition ein Glas, welches den Trank vergiftete,“ scheint mir verfehlt zu sein.


18b. Der Graf und die Nonne.


Langsam. Mündlich, aus der Gegend um Schwäbisch-Hall. 1791.
Noten
Noten


1.
Stund ich auf hohen Bergen

und sah wol über den Rhein;
ein Schifflein sah ich fahren, :|:
der Ritter waren drei. :|:

2.
Der jüngste, der darunter war,

das war ein Grafensohn;
hätt mir die Eh versprochen,
so jung als er noch war.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_057.jpg&oldid=- (Version vom 25.10.2019)