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7.
„Ach Schreiber, liebster Schreiber,

das kann und darf nicht sein;
eh ich mich lasse täufen,
viel lieber will ich mich ersäufen
wol in dem tiefsten See!“

8.
Sie schlug den Mantel zusammen

und dreht sich nach dem See:
„Ade, mein Vater und Mutter,
ade, du stolzer Bruder,
wir sehn uns nimmermeh!“

(Vielfach mündlich, aus dem Brandenburgischen.)

1, 1. Es war einmal eine Jüdin. – 1, 3. die hatt eine einzge Tochter. – 2, 1. Ach Tochter, Herzenstochter. – 2, 3. laß mich eine kleine Weile, ein Stündlein zwei oder dreie auf der Straße spazieren gehn! – 3. Ach Tochter, Herzenstochter, das kann und muß (darf) nicht sein: was werden die Leute wol denken, wenn so ein jüdisches Mädchen auf der Straße spazieren geht. – 3, 3. was soll uns das bedeuten? was werden sagen die Leute? laß dein Spazieren sein! – 4, 2. Die Tochter nahm die Flucht – gieng ihren Gang. – 4, 3. sie sprang wol in die Gasse. – 4, 5. dem Schreiber in den Arm (Schooß). – 5, 3. Ach thu dich mein erbarmen, nimm mich in deine Arme, auf das mir besser wird! – 5, 4. nur ruhen an deiner Seite. – 6, 3. Was werden die Leute wol denken, wenn so ein jüdisches Mädchen in meinen Armen ruht! – 6, 4. Mariane (Susanna) sollst du heißen, eine Christin mußt du sein! – mein Ehweib (mein eigen) sollst du (müßtest) sein! – 7, 5. wol in dem tiefsten Meer! – wos Meer am tiefsten ist! – 8. Die Tochter schwang den Mantel (umschwang sie ihren Mantel) und gieng wol hin und her: „Gut Nacht, Herzvater, Herzmutter! gut Nacht, du stolzer Schreiber (Bruder), ich seh euch nimmermehr! (ihr seht mich nimmermehr!)“


22a. Die Jüdin.


Sehr mäßig. Aus der Gegend von Frankfurt a. M.,
aus der Bergstraße u. dem Badenschen.
Noten
Noten


(Vgl. in L. Erk’s Volksl. B. I, H. 2. die Mel. Nr. 45.)
1.
Es war eine stolze Jüdin,

ein wunderschönes Weib;
die hatt eine schöne Tochter,
ihr Haar war fein geflochten,
zum Tanz war sie bereit.

2.
„Ach Tochter, liebste Tochter,

das kann fürwahr nicht sein;
es wär ja eine Schande
im ganzen jüdschen Lande,
wenn du zum Tanz wolltst gehn!“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_071.jpg&oldid=- (Version vom 25.10.2019)