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3.
„Weine nicht, weine nicht, brauns Mägdelein!

dein Ehr will ich dir bezahlen,

4.
„Ich will dir geben den Reitknecht mein,

dazu dreihundert Thaler.“

5.
‚‚‚Den Reitknecht und den mag ich nicht,

ich will den Herren selber;

6.
‚‚‚Und wenn ich den Herrn nicht selber krieg,

so geh ich zu meiner Frau Mutter.‘‘‘

7.
Als sie nun vor die Stadt Augsburg kam,

wol an die lange Brücke,

8.
Da sah sie ihre Frau Mutter stehn,

die that ihr freundlich winken.

9.
„„Willkommen, willkommen, liebs Töchterlein!

wie ist es dir ergangen,

10.
„„Daß dir dein Rock von vorne zu klein

und hinten viel zu lange?““

11.
‚‚‚Und wie es mir ergangen ist,

das darf ich dir wol sagen:

12.
‚‚‚Ich hab mit einem jungen Ritter gespielt,

ein Kindlein muß ich tragen.‘‘‘

13.
Sie nahm das Mägdlein bei der Hand

und führt sie gleich zu Tische;

14.
Sie setzt ihr auf einen Becher Wein,

dazu gebackne Fische.

15.
‚‚‚Ach Mutter, liebste Mutter mein,

ich kann nicht essen noch trinken;

16.
‚‚‚Macht mir ein Bettlein weiß und fein,

daß ich darin kann liegen!‘‘‘

17.
Und als es kam um Mitternacht,

dem Ritter träumts gar schwere,

18.
Als wenn sein herzallerliebster Schatz

im Kindbett gestorben wäre.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_082.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2019)