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15.
„Dein Vater hat dich recht erzogn,

dein falscher Sinn hat dich betrogn.“

16.
Er nahm sie bei dem rothen Rock,

er schwang sie vor sich auf sein Roß.

17.
Er ritt bis vor ein weiße Thür,

stund unser liebe Frau dafür:

18.
„Nun wart, nun wart, du Allerleutsbraut!

du hast gar wenig auf mich getraut.“

19.
Er ritt bis vor ein schwarze Thür,

stunden drei höllische Geier dafür.

20.
Er ritt bis vor ein Haselstock,

er nahm sie bei dem rothen Rock.

21.
Er ritt bis vor ein steinern Brück,

dort riß er sie in tausend Stück:

22.
„Da lieg bis auf den jüngsten Tag,

bis ich dich wieder holen werd!“

J. G. Meinert’s „Alte teutsche Volkslieder in der Mundart des Kuhländchens.“ etc. S. 161.


41d. Die Kindesmörderin.
(Argäuisch.)
1.
Es wollt en Hirt in Wald use tribe,

er ghört es kleines Chindeli grine:

2.
„I ghöre di wol, i gseh di aber nid,

i weiß nid, wer dīs Müeterli ischt.“

3.
„Mīs Müeterli wot Hochzīt habe,

darf keis grüenes Chränzeli trage:
es hat drü chleine Chind vergrabe.

4.
‚‚‚Das Erst hat es īs Wasser trage,

das Ander unter de Mischt vergrabe,

5.
‚‚‚Und mi ī grüene Wald use gsteckt,

mit Laub und Escht mi zuebedeckt.‘‘‘

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_145.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2019)