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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

3.
„Wer hütet mein Grab, wer knetet mein Grab?

wer hütet mir all meine Gräslein ab?

4.
„Wer schläft auch bei meim jungen Weib?

wer schwächt ihr denn den stolzen Leib?

5.
„Wer zieht mir denn meine Waislein auf

mit Ruthn und auch mit Geißeln scharf?“

6.
‚‚‚Ich zieh dir wol deine Waislein auf

mit Ruthn und nicht mit Geißeln scharf.

7.
‚‚‚Ich schlaf wol bei deim jungen Weib,

ich schwäch ihr nicht den stolzen Leib.‘‘‘

8.
„Und wenn du wirst heimkommen,

sag ihr, sie soll mir bringen
ein abgetrocknet Hemde;

9.
„Das erst ist mir geworden so naß:

was weint sie immer? was thut sie das?“

10.
Und wie der Herr daheime kam,

er sah seine Frau gar sauer an:

11.
‚‚‚Du sollst deim Vorwirth bringen

ein abgetrocknet Hemde;

12.
‚‚‚Das erst ist ihm geworden so naß:

was weinst du immer? was thust du das?‘‘‘

13.
„„Und wüßt ichs nur, daß es wahr wär,

ich ließ ihm gleich abschneiden
ein Kittel von weißer Seiden.““

14.
Die Schön erwischt ihren Rocken,

sie gieng ans Grab anklopfen:

15.
„„Thu dich auf, thu dich auf, du Erdenkloß,

und laß mich nunter auf seinen Schooß!““

16.
„Was wirst du denn hier unten thun?

hier unten hast du ja kein Ruh!

17.
„Hier unten darfst du nichts backen,

hier unten darfst du nicht waschen;

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_161.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2019)