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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort


5.
Da war wol der Kaiser in grimmigem Zorn,

er ließ Sanct Catharina vors Gerichte kommn;
er zog heraus sein blankes Schwert
und hieb Sanct Catharina ihr Häuptlein zur Erd.

6.
Und wo ein Tröpflein Blut hinsprang,

da saß auf der Erd ein Engel und sang:
Sanct Catharina ist ein himmlische Braut,
dieweil ihr der Kaiser genommen das Haupt.


47b. Von der heiligen Jungfrauen und Marterin Catharina.
1.
Die heilige Rein und auch die Fein,

die heilige Jungfrau Samt Catharein,
Sanct Catharina war ein reine Magd,
das war dem Heiden bald gesagt.

2.
Der Heid schickt aus in alle Land,

wo Jemand Sanct Catharina fand?
Der Heid sprach Sanct Catharina an,
sie sollt nach seinem Willen thun.

3.
„Ich gieb dir Berg und alle Land,

mach dich zu einer Kaiserin zuhand.“
Samt Catharina sprach: ‚‚‚Das thu ich nicht!
kein heidnischen Mann den mag ich nicht.‘‘‘

4.
Er ließ sie legen in ein tiefen Thurn,

darin lag mancher giftiger Wurm;
sie lag bis auf den eilften Tag,
daß sie weder Speis noch Trank empfang.

5.
Wol auf den zwölften Morgen fruh,

da trat der Heid zum Thurn hinzu;
er stieß die Thür auf mit Gewalt
und ruft Sanct Catharina bald.

6.
„Sanct Catharina, wer hat dich ernährt,

daß dich die Würm nicht haben verzehrt?“
‚‚‚Das hat gethan ein heiliger Mann,
Jesus Christus mein Bräutigam.‘‘‘

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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_164.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2019)