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1.
Es wollt einmal ein junger Knab

mit einem Mädchen streiten,
sie sollt ihm sieben Söhne zeugn
und doch ne Jungfer bleiben.

2.
„Wenn ich dir soll siebn Söhne zeugn

und doch ne Jungfer bleiben;
so sollst du mir siebn Wiegen machn
und keinen Schnitt dran schneiden.“

3.
‚‚‚Wenn ich dir soll siebn Wiegen machn

und keinen Schnitt dran schneiden;
so sollst du mir von Haberstroh
wol spinn die feinste Seide.‘‘‘

4.
„Wenn ich dir soll von Haberstroh

wol spinn die feinste Seide;
so sollst du mir eine Peitsche machn
von hundertfunfzig Meilen.“

5.
‚‚‚Wenn ich dir soll eine Peitsche machn

von hundertfunfzig Meilen;
so sollst du mir die bunte Kuh
den gläsern Berg nauftreiben.‘‘‘

6.
„Wenn ich dir soll die bunte Kuh

den glasern Berg nauftreiben;
so sollst du mir die wilden Schwein
den grünen Wald naustreiben.“

7.
‚‚‚Wenn ich dir soll die wilden Schwein

den grünen Wald naustreiben;
so sollst auf allen vier Ecken stehn
und sehen wo sie bleiben.‘‘‘

8.
„Soll ich auf allen vier Ecken stehn

und sehen wo sie bleiben;
so sollst du mir die Sterne zähln,
die an dem Himmel scheinen.“

9.
‚‚‚Wenn ich dir soll die Sterne zähln,

die an dem Himmel scheinen;
so sollst du mir eine Leiter baun,
daß ich darauf kann steigen.‘‘‘

10.
„Wenn ich dir soll eine Leiter baun,

daß du darauf kannst steigen;
so sollst du mir das Holz ran fahrn
im Sommer auf dem Eise.“

11.
‚‚‚Ach Mädchen, bist mir gar zu klug;

ich muß es lassen bleiben.
So will ich nun und nimmermehr
mit keiner Jungfer streiten!‘‘‘

(Vielfach mündlich, aus dem Oderbruch, aus Gramzow in der Uckermark, Fehrbellin, Neustadt a. d. Dosse, Alt-Döbern, Müllrose bei Frankfurt a. d. O. u. s. w.)

1. Es verdient bemerkt zu werden, daß dieses Lied in den vorstehend genannten Gegenden in der Regel nur mit Nr. 151 verbunden vorkommt; (vgl. z. B. L. Erk, Volkslieder. B. II, H. 2, Nr. 11, S. 17, Str. 18.) deßhalb fehlen hier die beiden Anfangszeilen, wie sich dieselben in ältern Lesarten des 16. u. 17. Jahrh. (vgl. Uhland. I, 14 u. 15.) erhalten haben. – 2, 3. so sollst du mir drei Kinder zeugen etc. 2, 4. und keinen Span abschneiden – ohn Schnitzer und ohn Zeuge (d. i. Handwerkszeug). – 4, 3. so sollst du mir aus krummem Holz ein grades Spillchen (Spindel) schneiden. – 5, 3. so sollst du mir alle wilden Schwein auf einen Koben (Kofen, – Schweinstall) treiben. – so sollst du mir 6000 Krebse von hier nach Hamburg treiben. 5, 4. Wegen des Glasbergs oder der Glasenburg vgl. der Bdr. Grimm „Kinder- und Hausmärchen. III. B. 2. Aufl. Berlin, 1822.“ S. 47. (Die sieben Raben.) – 8, 4. die an den Himmel reichet – wo ich darauf kann steigen. – 9, 3. so sollst du mir die Sprossen holn im Sommer von dem Eise – so sollst du mir die Leiter baun im Winter von dem Eise.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_335.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)