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Georg Weerth: Die Armen in der Senne aus Deutsches Bürgerbuch für 1845

durch den Sand mehr hin und hergeworfen, als in dem luftigsten Sturm auf dem Kanal. Hinter uns lagen die altsassischen Wälder, in denen wir noch am Morgen einen der größten Hirsche ventre à terre vorüber rennen sahen, – vor uns dehnte sich die Ebene mit ihrem rothblühenden Haidekraut, das immer höher aufwuchert wo ein Teich den Boden feuchter macht. – Einige Kibitze, die schlanken Bewohner der Haiden, hüpften über das Moor und ergötzten uns durch ihr helles Geschrei, in das bisweilen ein alter Frosch mit verständiger, ernster Stimme einfiel. Nebenbei lenkte ein alter Förster unsre Aufmerksamkeit auf einige Fichten, in deren Umzäunung wir die Trümmer einer Hütte bemerkten, die das Feuer jüngst zerstört zu haben schien. Die Geschichte, welche der alte Mann darauf erzählte, machte bald unsrer heitren Stimmung ein Ende. –

„Im letzten Winter, als abwechselnd durch Schnee und Regen, alle Wege durch die Senne ungangbar gemacht waren, hatte in jener Hütte, welche jetzt als Trümmer vor uns lag, die Noth ihren Gipfel erreicht. – Ein junger Bauer verlor sein Weib, was ihm sechs kleine Kinder hinterließ. Sie zu ernähren, war das wenige Geld, was er aus Friesland mitbrachte, bald drauf gegangen und eine gänzliche Mißerndte machte, daß seine Scheune diesen Winter ohne den gehörigen Vorrath von Früchten blieb. Dazu kam noch das lange Darniederliegen des Leinen-Handels, der von England aus mit so großem Erfolg betrieben wird, und der den Bauern jener Gegend, welche früher das Garn mit Nutzen zu Markte trugen, jetzt jede Möglichkeit nimmt, ihr Leben dadurch zu fristen. – Alles hätte den jungen Bauer indeß noch nicht niederbeugen können, denn noch blieben ihm ja zwei tüchtige Fäuste, die zu jeder Arbeit bereit waren, und bei dem Bau des Armin-Denkmals in jener Zeit, gerade die beste Gelegenheit dazu fanden. – Aber, wie durfte er sich Tagelang von seiner Hütte entfernen, – sechs Kinder kauerten halb nackt am Feuer und im Winkel der Stube lag auf hartem Strohlager der alte Vater, krummgezogen von der Gicht, von den fürchterlichsten Schmerzen geplagt, – der weinend seine Knie umfaßte und ihn bat, nicht

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: Georg Weerth: Die Armen in der Senne aus Deutsches Bürgerbuch für 1845. C. W. Leske, Darmstadt 1845, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsches_Buergerbuch-269.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)