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Schutze des Deutschtums. Es war somit die bestimmte Absicht des Gesetzgebers, in den vorbezeichneten Gebieten die weitere Gründung von polnischen Niederlassungen auszuschließen.

3. Rechtsverhältnisse der Beamten.

Die Rechtsverhältnisse der Beamten haben in materieller Beziehung eine den geänderten Lebens- und Wirtschaftsverhältnissen entsprechende Neuregelung erfahren, sowohl was die Besoldungen als die Ruhegehälter, als die Fürsorge für Witwen und Waisen betrifft. Der Wohnungsgeldzuschuß wurde 1910 für die unmittelbaren Staatsbeamten, einschließlich der Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Volksschulen nach einem neuen Tarife geregelt. Die Amtskautionen wurden 1898 aufgehoben. Besondere Gesetze ergingen über die Reisekosten der Staatsbeamten, 1907 über die Besoldung der Richter, 1902 über Betriebsunfälle von Beamten. Die materielle Haftung für Amtspflichtverletzungen der Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt gemäß BGB. § 839 wurde grundsätzlich vom Staate übernommen. Die Anstellung und Versorgung der Kommunalbeamten wurden 1899 in ihren Grundlagen gleichfalls durch die Staatsgesetzgebung analog den Verhältnissen der Staatsbeamten geregelt; den mittelbaren Staatsbeamten wurden auch die Beamten der öffentlichen Feuerversicherungsanstalten angereiht.

Die Prinzipien des altpreußischen Beamtenrechtes, die heute noch auf der ausgezeichneten Gesetzgebung Friedrich Wilhelms I. beruhen, sind unverändert geblieben.

4. Immediatkommission.

Die gewaltige Entwickelung des deutschen Wirtschaftslebens seit 1866 stellt an die Staatsverwaltung heute wesentlich andere und sehr viel höhere Anforderungen, als dies früher der Fall war. Zur Prüfung der Frage, ob diesen neuen und erhöhten Anforderungen des Lebens der dermalige Verwaltungsorganismus noch gewachsen sei, wurde durch Allerhöchste Anordnung eine besondere Immediatkommission berufen. Aus dem Umstande, daß diese Immediatkommission trotz mehrjähriger Arbeit ein der Öffentlichkeit bekannt gewordenes, bedeutsames Ergebnis nicht gezeitigt hat, darf die erfreuliche Folgerung gezogen werden, daß die altbewährte preußische Verwaltung auch den großen Forderungen einer neuen Zeit durchaus gewachsen ist und einer Reform im großen nicht bedarf. Um so lebhafter möchte wohl der Wunsch sich geltend machen, daß in einer Reihe von äußeren organisatorischen und materiellrechtlichen Fragen von geringerer Bedeutung – Vereinheitlichung der überaus zersplitterten Selbstverwaltungsgesetzgebung, Vereinfachung des übermäßig kompliziert gewordenen Verwaltungsapparates der Verwaltungsbehörden einschließlich der Verwaltungsgerichte, Beseitigung veralteter Polizeivorschriften – die Gesetzgebung eine energische Tätigkeit behufs formeller und materieller Vereinfachung des preußischen Verwaltungsrechtes entwickeln sollte.

5. Die Städte.

Im Zusammenhang mit der gewaltigen Entwickelung des deutschen Wirtschaftslebens hat sich auf der Grundlage der Steinschen Städteordnung eine Blüte des preußischen – und des gesamten deutschen – Städtewesens

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/190&oldid=- (Version vom 4.8.2020)