Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 1.pdf/315

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

liegt zugleich materiell die einzig richtige Beseitigung der oft beklagten Mängel des Legalitätsprinzips, dessen Durchbrechung auf prozessualem Gebiet großen Bedenken und Schwierigkeiten – auch politischer Art – begegnen wird. Denn es versteht sich von selbst und ist auch in der Begründung ausdrücklich ausgesprochen, daß nach dem Vorentwurf auch die Verfolgung unterbleiben kann, wenn die Strafverfolgungsbehörde einen „besonders leichten“ Fall annimmt, in welchem es nach dem Gesetz für das betreffende Delikt gestattet ist, von Strafe ganz abzusehen.

Gegenentwurf.

Nachdem der Vorentwurf veröffentlicht und länger als Jahresfrist der öffentlichen Kritik ausgesetzt gewesen war, erschien ein von vier Rechtslehrern, den Professoren DDr. Kahl, v. Liszt, v. Lilienthal und Goldschmidt verfaßter Gegenentwurf, der den Vorentwurf zwar auch zur Grundlage nimmt, ihn jedoch erheblich umgestalten will, unter anderem durch Einbeziehung sehr zahlreicher Nebengesetze, Erlaß eingehender Strafvollzugsvorschriften, Verallgemeinerung der Strafrahmen für mildernde und für erschwerende Umstände usw.

Revidierter Vorentwurf.

Zufolge Verfügung des Staatssekretärs des Reichsjustizamts trat endlich am 4. April 1911 in diesem Amte eine größere Kommission von praktischen Juristen und Rechtslehrern mit dem Auftrage zusammen, unter Zugrundelegung des Vorentwurfs und Berücksichtigung der kritischen Äußerungen zu ihm sowie des Gegenentwurfes einen neuen, revidierten Entwurf aufzustellen. Die aus dem ganzen Reiche ausgewählte Kommission bestand aus 16 ordentlichen und 2 außerordentlichen Mitgliedern.

Kommission.

Die ordentlichen Mitglieder waren der Verfasser dieses Abschnitts als Vorsitzender und folgende Herren:

1. der Wirkliche Geheime Oberregierungsrat und vortragende Rat im Reichsjustizamt Dr. von Tischendorf als Stellvertreter des Vorsitzenden,
2. der Reichsgerichtsrat Ebermayer,
3. der Preußische Geheime Oberjustizrat und vortragende Rat im Justizministerium Dr. Schulz,
4. der Preußische Senatspräsident des Kammergerichts Geheime Oberjustizrat Dr. Lindenberg,
5. der Bayerische Ministerialrat Dr. Meyer,
6. der Sächsische Oberlandesgerichtsrat, Geheime Justizrat Dr. von Feilitsch,
7. der Württembergische Generalstaatsanwalt von Rupp,
8. der Badische Geheime Rat, Ministerialrat und Oberstaatsanwalt Duffner,
9. der Hessische Landgerichtsdirektor, Geheime Oberjustizrat Dr. Rüster,
10. der Hamburgische Rechtsanwalt, später Oberlandesgerichtsrat Dr. Niemeyer,
11. der Elsaß-Lothringische Rechtsanwalt Dr. Pfersdorff,
12. der Preußische Rechtsanwalt Justizrat Friedmann,
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/315&oldid=- (Version vom 4.8.2020)