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Privatrecht, nämlich 1. vom 12. Juni 1902 über Eheschließung, 2. vom 12. Juni 1902 über Ehescheidung und Trennung von Tisch und Bett, 3. vom 12. Juni 1902 über die Regelung der Vormundschaft über Minderjährige, 4. vom 17. Juli 1905 über die Wirkungen der Ehe auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten und ihre persönlichen Beziehungen und auf das Vermögen der Ehegatten, 5. vom 17. Juli 1905 über die Entmündigung und gleichartige Fürsorgemaßregeln, 6. das Abkommen vom 22. Juli 1912 über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. Im Zusammenhang damit sind zu erwähnen die Vereinbarungen zum Schutze des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst vom Jahre 1886 und zum Schutze der Erfindungspatente, Warenzeichen, gewerblichen Mustern und Modelle und Fabrikmarken vom 20. März 1883 bzw. 14. April 1891.

Am klarsten ist natürlicherweise die Notwendigkeit des Zusammenwirkens mehrerer Staaten und daher des Abschlusses von Kollektivverträgen auf dem Gebiete des Verkehrswesens hervorgetreten. Es ist daher auf diesem Gebiete durch verschiedene Vereinbarungen eine ganze Anzahl von sog. Unionen geschaffen worden. Zu erwähnen sind: 1. der im Jahre 1874 geschaffene Weltpostverein, 2. der am 17. Mai 1865 geschaffene Telegraphenverein, 3. die Vereinbarung vom 14. März 1884 zum Schutze der submarinen Telegraphenkabel, 4. das Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890, 5. das Übereinkommen vom 16. Mai 1886 über die technische Einheit der internationalen Eisenbahnlinien, insbesondere die Spurweite usw.[1].

Das Besondere dieser Unionen liegt darin, daß sie als dauernde Einrichtungen gedacht sind und daher ihr Bestand durch den zulässigen Austritt einzelner Teilnehmer und den formlosen Eintritt neuer Mitglieder nicht berührt wird, und daß die dieselben begründenden Vereinbarungen nicht bloß allgemeine durch die Mitglieder der Union zu befolgende Vorschriften enthalten, sondern bei den meisten der Unionen auch durch die Gründungsverträge internationale Verwaltungseinrichtungen geschaffen sind, die die Aufgabe haben, die laufenden Geschäfte der Union zu besorgen und zur Erfüllung der Zwecke der Union beizutragen.

So haben der Weltpostverein und der Telegraphenverein internationale Bureaus in Bern, durch die Pariser Konvention vom 20. Mai 1875 ist ein internationales Maß- und Gewichtsbureau in Paris geschaffen worden, auch für die Unionen, betreffend den Schutz des gewerblichen und geistigen Eigentums vom Jahre 1883, und 1886 bestehen Zentralstellen in Paris[2].

Man kann daher sagen, daß in diesen Einrichtungen die Anfänge eines internationalen Verwaltungsrechts gegeben sind[3].

Von sonstigen Kollektivverträgen allgemeiner Natur mögen hier noch erwähnt werden die Pariser internationale Sanitätskonvention vom 3. April 1894 mit Zusatzkonvention


  1. Zweifellos wird auch eine internationale Regelung der Rechtsverhältnisse der Luftschiffahrt notwendig werden, da der Natur der Sache nach durch eine nationale Regelung derselben die auf diesem Gebiete vorhandenen Schwierigkeiten nicht beseitigt werden können.
  2. Über sonstige internationale Kommissionen und Behörden vgl. Liszt, Völkerrecht, §§ 16–18. – Toll, Die internat. Bureaus der völkerrechtl. Verwalt.-Vereine 1910.
  3. Vgl. Lorenz v. Stein, Einige Bemerkungen über das internationale Verwaltungsrecht. Schmollers Jahrbuch, VI, S. 395ff.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/341&oldid=- (Version vom 31.7.2018)