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den Seekrieg festgestellt und drei Deklarationen, betreffend 1. ein für fünf Jahre gültiges Verbot, aus Luftballons oder in ähnlicher Weise Geschosse oder Explosivstoffe auf den Gegner zu schleudern, 2. ein Verbot von Projektilen, die lediglich den Zweck haben, betäubende und gesundheitsschädliche Gase, sog. Stickgase, zu verbreiten, 3. ein Verbot der Verwendung der sog. Dum-Dumgeschosse.

Im übrigen sprach die Konferenz den Wunsch aus, daß die Frage des Verbots von neuen Modellen und Kalibern von Gewehren und Schiffskanonen neuerlich von den Regierungen in Erwägung gezogen werde.

In bezug auf den dritten Hauptpunkt des russischen Programms wurde eine Vereinbarung über die friedliche Beilegung völkerrechtlicher Streitigkeiten (Convention sur le règlement pacifique des conflits internationaux) festgestellt. Diese dritte Konvention, die insofern die wichtigste war, weil sie am meisten dem Zwecke entsprach, zu welchem die Konferenz einberufen war, handelte im ersten Abschnitte von den „guten Diensten“ und der „Vermittlung“, im zweiten von den „internationalen Untersuchungskommissionen“ und im dritten Abschnitt „von der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit“, namentlich auch von dem bei der Schiedssprechung zu beobachtenden Prozeßverfahren.

Während der Beratungen der Konferenz war im Widerspruch zum russischen Programm von mehreren Staaten beantragt worden, den Grundsatz des obligatorischen Schiedsverfahrens anzunehmen und ein ständiges Schiedsgericht zu bestellen. Die Anträge fielen jedoch infolge des von anderen Staaten, namentlich auch von Deutschland, dagegen erhobenen Widerspruchs, so daß die Schiedsgerichtskonvention auf der Grundlage des fakultativen Schiedsverfahrens und der freien Wahl der Schiedsrichter beruht.

Die Friedenskonferenz von 1907.

Ein größeres Ergebnis hatte die zweite Friedenskonferenz, die von 46 Staaten beschickt war und vom 16. Juni bis 18. Oktober 1907 tagte.

Ihren Beratungen lag ein ebenfalls von der russischen Regierung entworfenes Programm zugrunde, wonach sich die Verhandlungen der Konferenz auf folgende Punkte beziehen sollten:

1. Verbesserung des Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle in dessen Bestimmungen über den Schiedshof und die internationalen Untersuchungskommissionen;

2. Ergänzung des Abkommens vom Jahre 1899, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs;

3. Ausarbeitung eines Abkommens betreffend die Gesetze und Gebräuche des Seekriegs;

4. Ergänzung des Abkommens vom Jahre 1899, betreffend die Anwendung der Grundsätze der Genfer Konvention von 1864 auf den Seekrieg.

In diesem Programm war von Abrüstung bzw. Stillstand oder Einschränkung der Rüstungen keine Rede; trotzdem brachte die englische Delegation diese Frage auf der Konferenz zur Sprache. Die Angelegenheit wurde jedoch ohne weitere Verhandlung

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/345&oldid=- (Version vom 31.7.2018)