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und wirtschaftlich zusammenzufassen, um diesem Panamerika das Übergewicht nicht bloß über das alternde Europa, sondern die Herrschaft in der ganzen Welt zu verschaffen.

Nicht anders steht es mit den Rassengegensätzen. Wenn auch die schwarze Rasse, die sich gegen die Herrschaft der Weißen auflehnt, nicht weiter in Betracht gezogen werden soll, so besteht doch der uralte Gegensatz zwischen Ariern und Mongolen[1] auch heute noch trotz der Aufnahme mongolischer Staaten in die völkerrechtliche Gemeinschaft. Es ist nicht zu erwarten, daß die mongolischen Völker, die nach Hunderten von Millionen zählen und im Besitze einer uralten, auf hoher Stufe stehenden Zivilisation und Kultur stehen, sich die jetzt tatsächlich bestehende wirtschaftliche und politische Herrschaft der Weißen in der Welt dauernd gefallen lassen. Im Gegenteil werden sie suchen, diese Herrschaft zu beseitigen; der darüber entstehende Kampf wird sicherlich nicht bloß mit friedlichen Mitteln geführt werden. Wenn unter diesen Umständen von der Unmöglichkeit der Bildung einer Weltföderation gesprochen wird, so entspricht dies zweifellos den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie nicht bloß gegenwärtig bestehen, sondern im wesentlichen auf absehbare Zeit bestehen werden.

Bei Staaten und Völkern, die durch solche Gegensätze getrennt sind, ist wohl eine so lockere Verbindung, wie sie gegenwärtig in der völkerrechtlichen Gemeinschaft besteht, möglich, dagegen ist eine Föderation, mag sie auch nur staatenbündlichen Charakter haben, der Natur der Sache nach ausgeschlossen. Wenn es aber selbst gelingen sollte, das Unmögliche möglich zu machen und eine Weltföderation zu schaffen, so wäre damit wenig erreicht. Nicht einmal der Krieg wäre aus der Welt geschafft, ein Ziel, das ja bei dem Streben nach einer Weltföderation für die Pazifisten in erster Linie steht. Ganz abgesehen davon, daß jede mit Gewalt durchgeführte Bundesexekution, die schließlich keine Föderation entbehren kann, doch nur ein anderer Name für Krieg gegen das widerstrebende Bundesmitglied ist, sind auch bei keiner Föderation, wie der schweizer Sonderbundkrieg vom Jahre 1847, der nordamerikanische Sezessionskrieg in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und der deutsche Krieg von 1866 schlagend beweisen, unter den Mitgliedern einer Föderation Kriege ausgeschlossen, die auf eine Vernichtung des Bundesverhältnisses abzielen. Daß Anlaß zu solchen Kriegen bei einer aus so verschiedenartigen, sich selbst feindlich gegenüberstehenden Elementen bestehenden Weltföderation oft genug gegeben sein wird, liegt auf der Hand.

Aber auch positive Vorteile wird eine solche Föderation nicht haben. Soweit zweifellose gemeinsame Interessen der völkerrechtlichen Gemeinschaft gegeben sind, können sie jetzt schon befriedigt werden und werden auch, wie die Erfahrung zeigt, befriedigt. Auch in einer Weltföderation müßte man doch bei der Frage, welche Ziele und Aufgaben dieselbe verfolgen soll, Einstimmigkeit der Mitglieder verlangen. Würde man sich aber mit Mehrheitsbeschlüssen der Organe der Föderation begnügen, so wäre damit nicht bloß die Souveränität der einzelnen Staaten nahezu vernichtet, sondern es wäre auch die Möglichkeit gegeben, einzelne Staaten geradezu zu unterdrücken oder doch in ihren Interessen zu schädigen, und zwar nicht bloß kleine und schwache Staaten, sondern auch Großstaaten, wenn sich dieselben einer erdrückenden Mehrheit gegenüber befinden.


  1. Vgl. Spielmann, Arier und Mongolen, 1905.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/359&oldid=- (Version vom 4.8.2020)