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472 Eskadrons, 448 fahrenden und 46 reitenden Batterien, 37 Fußartillerie- und 23 Pionier-, 7 Eisenbahn-Bataillonen mit einer Betriebsabteilung, einer Telegraphen-Versuchskompagnie, 2 Luftschifferabteilungen und 21 Trainbataillonen mit 7 Bespannungsabteilungen. Die Luftschifferabteilung in Preußen war 1895 ein selbständiger Truppenteil geworden; die andere gehörte zur bayerischen Armee. Die Gesamtstärke betrug, ohne 9000 Einjährig-Freiwillige, 23 176 Offiziere, 557 436 Mann, 98 038 Pferde und 2542 Geschütze.

An Reservisten waren zur selben Zeit vorhanden 934 360 Mann, an Landwehr ersten Aufgebots 759 240 Mann und zweiten Aufgebots 751 500 Mann, zusammen 2 495 100 Mann, die infolge der Heeresverstärkung allmählich die Stärke von 3 246 000 Mann erreichen mußten.

Die weitere Entwickelung des Heeres vollzog sich unter fortgesetzten Kämpfen mit dem Reichstag, der von Parteiinteressen und wahltaktischen Rücksichten geleitet, ohne Verständnis für die großen politischen Fragen in kleinlicher Weise an den Vorlagen der Regierung nörgelte, die ihrerseits glaubte, sich angesichts der ablehnenden Haltung der Volksvertretung mit halben und Aushilfsmaßregeln begnügen zu müssen. Auch die großen Forderungen, die für den Ausbau der Flotte gestellt werden mußten, übten naturgemäß einen beschränkenden Einfluß auf die Ausgaben für das Heer und die Bewilligungsfreudigkeit des Reichstages.

Heeres-Vorlage 1898.

Als das laufende Quinquennat sich seinem Ende näherte, waren in den Jahren 1897 und 1898 sehr bedeutende Bewilligungen für die Flotte erfolgt. Sie erschienen notwendig, da Deutschland durch die Pachtung von Kiautschou und seine kolonialen Bestrebungen immer tiefer in die überseeische Politik hineingezogen wurde. Auch ließ sich erkennen, daß mit dem damals erlassenen Flottengesetz der Ausbau der Marine nicht abgeschlossen sein werde. Zwar erklärte die Regierung im Januar 1899, daß an eine Erweiterung des erlassenen Flottengesetzes zunächst nicht gedacht werde: immerhin liegt die Vermutung nahe, daß die Rücksicht auf den Flottenbau die neuen Forderungen für das Heer wesentlich beeinflußt habe.

Die Regierung forderte eine Erhöhung der Heeresstärke um 23 277 Mann vornehmlich zu Etatserhöhungen bei der Infanterie, eine starke Vermehrung der Artillerie und einige Neuformationen bei den übrigen Waffen, insonderheit den Verkehrstruppen. Sie erklärte sich bereit, die zweijährige Dienstzeit beizubehalten, falls das Ausbildungspersonal den gesteigerten Anforderungen dauernd gewachsen bliebe und die Anlage großer Übungsplätze beschleunigt werde, und forderte zugleich eine veränderte Organisation der Feldartillerie, die nunmehr schon im Frieden den Divisionen unmittelbar unterstellt werden sollte. Auch sollten drei neue Armeekorps gebildet werden; je eines in Preußen, Sachsen und Bayern.

Der Reichstag bewilligte zwar die Vorlage in ihren Hauptpunkten, strich jedoch 7000 Mann von der geforderten Stärke, bewilligte die geforderten 10 Eskadrons nur in Gestalt von Detachements reitender Jäger ohne Regimentsverband und sah von

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/381&oldid=- (Version vom 15.9.2022)