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von Menschenleben bei der Jagd und dem Transport zur Küste zugrunde gegangen sind. Dazu brandschatzten erst die von Gravenreuth bei Yombo geschlagenen und zersprengten Mafiti und dann die Wahehe die Stämme des mittleren und südlichen Teiles des Schutzgebietes. Die gegen letztere entsandte Zelewskische Expedition wurde von diesen fast gänzlich vernichtet, und erst mehrere Jahre später konnte vom Gouverneur von Schele durch die Unterwerfung dieses Stammes die Ordnung im größten Teile des Schutzgebietes endgültig wiederhergestellt werden, während Johannes im Norden das Kilimandjaro-Meru-Gebiet sicherte. In Kamerun mußten die Schutztruppen schwere Kämpfe mit Dualastämmen und nach Herstellung der Ruhe im Küstengebiet mit den Hinterlandsstämmen bestehen. Die unter den schwierigsten Verhältnissen ausgeführten Expeditionen von Kundt, Tappenbeck, Morgen und Zindtgraf haben den Weg zur Erschließung des Hinterlandes wesentlich geebnet. In Südwestafrika hatten sich Bantus und Hottentotten in jahrzehntelangen Kriegen zerfleischt. Als sie sahen, daß diesen Zuständen durch die Aufrichtung der deutschen Herrschaft das Ende drohte, planten sie, sich zu versöhnen und sich gemeinsam gegen die Weißen zu wenden. Diese Absicht kam aber nicht zur Ausführung, da zuvor unsere Fehde mit Witbooi begann, der dann durch Leutwein nach einer Verstärkung der Truppe niedergeworfen wurde. Ebenso wurden die sich nach und nach empörenden Osthereros, Khauan-, Afrikaner- und Zwartbooi-Hottentotten von ihm in den Jahren 1894 bis 1898 bekriegt und unterworfen.

Schutztruppenorganisation.

Erfreulicherweise suchten die Schutztruppen ihre Betätigung nicht allein im Kriegshandwerk, sondern beteiligten sich in großem Umfange an den Kulturarbeiten, namentlich an Wege- und Brunnenbauten. Daneben erwarben sie sich ein Verdienst durch Triangulation, Routenaufnahmen und topographische Arbeiten. Besonders in Ostafrika wurde hierdurch der Grund zur Kartographie des Schutzgebietes gelegt. Die Organisation der Schutztruppen ist mehrfach geändert worden. Während der Umwandlung in Kaiserliche standen sie unter dem Kommando des Reichsmarineamts. Aber schon Mitte der neunziger Jahre wurden sie dem Reichskanzler und in seiner Vertretung dem Chef der Kolonialverwaltung unterstellt, von denen die militärische Kommandostelle der Schutztruppen in der Heimat „das Oberkommando“, unter Leitung eines Stabsoffiziers ressortierte. An die Spitze der Schutztruppen in den verschiedenen Kolonien standen als Kommandeure ebenfalls Stabsoffiziere. Änderungen sind, wie hier gleich vorweggenommen werden soll, im Jahre 1907 insofern eingetreten, als sowohl an die Spitze des nunmehrigen „Kommandos der Schutztruppen“, wie der Schutztruppe für Südwestafrika je ein Kommandeur in Regimentskommandeurstellung trat. Die Truppe für dieses Schutzgebiet rekrutiert sich im Gegensatz zu den beiden anderen, aus Farbigen bestehenden Schutztruppen aus Freiwilligen des Heeres. Auch die Schutztruppen für Ostafrika und Kamerun haben außer eingeborenen weiße Unteroffiziere, die jenen nicht unterstellt werden dürfen. Der Friedens- und Gefechtsverband ist die Kompagnie. Nur in Südwestafrika sind seit der Verstärkung der Truppe während des letzten Aufstandes zwischen dieser und dem Truppenkommando noch die etwa dem heimischen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/434&oldid=- (Version vom 12.12.2020)