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Zusammenschluß von, gleiche Interessen verteidigenden Werken zur Unterdrückung selbstmörderischer Rivalität unter Zulassung eines gesunden Wettbewerbes und viele andere, zwar an sich kleine, aber durch ihre Summe wirkenden Umstände haben die deutsche Maschinen-Industrie in den letzten 25 Jahren zu einer Bedeutung gebracht, die ihren Ausdruck findet in der vergleichenden Statistik der Einfuhr und Ausfuhr. Im Jahre 1911 wurden Maschinen, elektrotechnische Erzeugnisse und Fahrzeuge eingeführt im Gesamtwert von 114 691 000 M., ausgeführt dagegen im Gesamtwert von 920 902 000 M. (Jahrbuch der Weltwirtschaft von Calwer). Diese Summe stellt aber nur einen Teil des Wertes dar, den jährlich die Maschinen-Industrie in die Welt schickt, denn die deutsche Industrie selbst nimmt den größeren Teil der jährlich erzeugten Maschinen in ihren Werken in Gebrauch.

Im einzelnen ist über die Fortschritte der Maschinengattungen in großen Zügen folgendes zu sagen:

Kraftmaschinen. a) Dampfmaschinen. b) Verbrennungskraftmaschinen. c) Wasserkraftmaschinen.

Die Kraftmaschinen sind am Fortschritt ohne Ausnahme beteiligt. Bei den Dampfmaschinen hat die Überhitzung des Dampfes über die Siedetemperatur, die Erhöhung des Kesseldruckes bis auf 12 Atm., zulässig infolge der Verbesserung des Kesselblechmaterials, die Maschine vereinfacht durch Wegfall oder Einschränkung der Stufenausdehnung in mehreren Zylindern. Der Dampfverbrauch für die indicierte Pferdestärke ist vermindert. Die Steuerungen und Regulatoren sind weiter vervollkommnet worden. Die fortgesetzte Forschung nach dem Grunde der Energieverluste im Arbeitszylinder haben zum Bau der Gleichstrom-Dampfmaschine ohne Auslaßsteuerung geführt, in der sich der Dampf in nur einer Stufe vom Kesseldruck und von der Überhitzungstemperatur bis auf das Vakuum herab ausdehnt. Diese Maschine, obwohl anscheinend für manche Verwendungsgebiete weniger geeignet, ist ein auffallend schönes Beispiel dafür, daß die meisten Maschinen nach jahrelanger Entwicklung durch schwierige und vielgliedrige Formen hindurch am Ende wieder zur größten Einfachheit zurückkehren und dabei noch bessere Ausnützung der Energie gestatten können, als die früheren schwierigeren Formen.

Die um 1890 noch wenig beachtete Dampfturbine ist wissenschaftlich untersucht und zu hoher Vollkommenheit ausgebildet worden. Die größte Dampfturbine leistet heute ebenso viel tausend Pferdestärken, als um 1890 die größte Kolbendampfmaschine hundert leistete. Die Dampfturbine hatte einen weiteren Ausbau der mit ihr unmittelbar gekuppelten Elektrizitäts-Erzeugungsmaschine für große Leistungen und hohe Spannung zur Folge, so daß es heute nichts Besonderes mehr ist, wenn die Kilowattstunde aus einer solchen Maschinenanlage nur 2 Pfennige lostet. Die Wahl zwischen Kolbenmaschine und Turbine oder die Kombination beider Maschinen in einer Anlage gestattet uns heute eine weitgehendere Ausnützung der Dampfenergie da, wo Dampf von einer bestimmten Temperatur zum Heizen gebraucht wird und da, wo Kolbenmaschinen mit stark schwankender Leistung bezw. Arbeitszeit nicht umgangen werden können. Die bis

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/107&oldid=- (Version vom 20.8.2021)