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Glanz besitzen und das Aussehen von Eisblumen zeigen. Man erhält sie, wenn man Glasurmasse mit Titansäure, titansauren Salzen oder Zinksilikat versetzt. Im Brande lösen sich diese Stoffe in der flüssigen Glasur und scheiden sich beim Erkalten aus der übersättigten Lösung als Kristalle aus, genau so, wie sich Kristalle aus übersättigten Lösungen von Alaun im Wasser bilden.

Meißner Porzellan.

In edlem Wetteifer zu der Preußischen steht die Königlich Sächsische Porzellanmanufaktur zu Meißen, deren Fabrikate ebenso vornehm und berühmt sind. Auch die Privatporzellanindustrie Deutschlands erfreut sich eines hohen Ansehens. Neben den vielseitigen Geschirren für den Gebrauch in Haus und Industrie stellt die Fabrikation von Isolatoren einen hohen Anteil der Produktion dar. Die vielseitige Schaffung von Überlandzentralen hat den Markt der Isolatoren ganz bedeutend gehoben.

Mit großem Stolze darf die Porzellanindustrie auf ihre Leistungen zurückblicken. Der Porzellanteller, der vor Jahren wie ein Luxusartikel nur auf den Tafeln der besser Situierten prangte, ziert jetzt auch den Tisch des einfachen Mannes. Deutscher Tatkraft ist es gelungen, den Fabrikbetrieb so auszugestalten, daß der Preis der Erzeugnisse sich in bescheidenen Grenzen hält. Dabei ernährt diese Industrie Tausende von Menschen.

Neben dem Porzellan ist die Fabrikation des ihm verwandten Steinguts in steigender Entwicklung begriffen. Es ist interessant, daß im Westen Deutschlands eine Anzahl mächtiger Steingutfabriken sitzen, die die Hauptmasse ihrer Rohstoffe aus der Ferne, zum Teil aus dem Auslande beziehen. Die Gestehungskosten werden dadurch beeinflußt. Aber die Berechtigung dieser Industrie an jenen Orten ist wohl begründet. Denn dort wohnt ein Stamm tüchtiger Fabrikanten und Arbeiter, welche durch ihren Fleiß die Unkosten des Transports wieder wettmachen.

Steingut.

Der wachsende Wohlstand deutscher Lande gibt einem anderen Zweige der Keramik, der Steinzeugindustrie, reiche Beschäftigung. Denn dieser Zweig schafft vorzügliche Röhren für die Kanalisation der Städte, die deswegen den Vorzug vor anderen Röhren verdienen, weil sie von den in ihnen fortgeleiteten Stoffen nicht angegriffen werden. Solche Röhren müssen durchaus dicht sein. Deswegen erhalten sie eine Glasur, und zwar auf sehr interessante Weise. Wenn der Brennofen gegen Ende des Brandes seine höchste Temperatur erreicht hat, wirft man in das Feuer eine bestimmte Menge gewöhnlichen Kochsalzes und schließt rasch den Schornstein und alle Luftlöcher. Das Kochsalz zersetzt sich unter Mitwirkung des in den Verbrennungsprodukten der Kohle vorhandenen Wasserdampfes in Natron und Salzsäure, die beide alsbald den Ofenraum erfüllen. Das Natron verbindet sich mit den Bestandteilen des Scherbens zu einer Glasur auf der Oberfläche der Steinzeugrohre, und die Salzsäure entweicht später ins Freie.

Die Dichtheit und Widerstandsfähigkeit des Steinzeugs gegen chemische Angriffe haben ihm neue weitgehende Anwendung in der chemischen Großindustrie verschafft. In mehreren sehr bekannten Fabriken werden bewährte Geräte für die Darstellung

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 623. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/186&oldid=- (Version vom 1.10.2017)