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zur Verfügung hat, sind hier ausgeschlossen. Bei den Glasblasemaschinen werden daher meist eine größere Anzahl Formen angeordnet, die nacheinander in Gebrauch kommen und nach Fertigstellung des Glaskörpers Zeit haben, sich an der Luft abzukühlen. Zuweilen ist auch eine besondere Wasserkühlung vorgesehen.

Maschine und Glasbläser.

Wegen dieser Schwierigkeiten verfolgen andere Verfahren das Ziel, der Maschine nur einen Teil der Arbeit zuzuweisen und den anderen Teil dem Glasbläser vorzubehalten. Bei einer solchen Maschine wird das in eine Vorform maschinell geblasene Külbel in einer gehöhlten Platte (Motze) unter Aufsicht des Arbeiters so lange gedreht und gewälzt, bis es die erforderliche Größe und Rundung erhalten hat, und dann in einer Fertigform unter erneuter Zufuhr von Preßluft fertiggemacht. Bei dieser Arbeitsweise gelingt es, der Glasmasse so viel Hitze zu belassen, als zur letzten Formgebung erforderlich ist, und sie bis zu einem gewissen Grade abzukühlen, damit der aufgeblasene Glaskörper nicht beim Wechseln von Form zu Form zusammenknickt.

Endlich geht eine weitere Methode dahin, der Glasmasse ihre erste Form in einer Maschine zu erteilen, während ein Glasbläser die Fertigstellung übernimmt. Eine Glasmacherpfeife wird an die Vorform einer Maschine angesetzt, die Vorform mit Glas gefüllt, und dieses zu einem Külbel aufgeblasen. Damit ist der erste und für den Arbeiter anstrengendste Teil der Arbeit durch die Maschine geleistet. Der Arbeiter entfernt jetzt die Pfeife mit dem anhängenden Külbel aus der Maschine und stellt in bekannter Weise durch Schwenken, Motzen und, falls erforderlich, durch Wiederanwärmen des Hohlkörpers den fertigen Gegenstand her. Natürlich macht man die Vorform nicht wesentlich kleiner als die Fertigform, damit die Hauptarbeit der Maschine zufällt, und Kraft und Lunge des Arbeiters geschont werden. Diese Einrichtung gestattet, den Glaskörpern eine reichere Gestaltung zu geben als die Maschinenarbeit allein. Denn dazu stehen dem Glasbläser seine bekannten Mittel zur Verfügung.

Da der maschinelle Betrieb gestattet, das Glas dem Ofen mittels mechanischer Vorrichtungen zu entnehmen und der Maschine zuzuführen, sowie die fertigen Glaskörper in dem Kühlofen durch mechanische Transporteinrichtungen zu befördern, ist man in der Lage, die Glasblasemaschine vom heißen Ofen so weit abzurücken, daß Belästigungen durch Licht, Hitze und Zug fortfallen oder geringer werden. Man muß also sagen, daß die Einführung mechanischer Glasblasevorrichtungen von wesentlichem Einflusse auf die sanitären Verhältnisse in den Glashütten ist. Außerdem liegt auf der Hand, daß der maschinelle Betrieb die Selbstkosten erheblich herabsetzt. Diese neuen Errungenschaften auf dem Gebiet der Glasindustrie haben daher nicht einseitig dem vermehrten Erwerbe gedient, sondern auch der Verbesserung der Verhältnisse der Glasbläser.

Schmelzhäfen.

Für den Glashüttenmann sind die Schmelzgefäße, die Häfen, in denen das Glassatz für die Verarbeitung geschmolzen wird, der Gegenstand peinlichster Fürsorge. Denn Schäden an den Häfen führen nicht nur den Verlust des Inhalts, sondern auch Verheerungen des Ofens herbei. Die bisher übliche Art, die Häfen aus auserwählten feuerfesten Materialien zu formen und zu schlagen, ist

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 628. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/191&oldid=- (Version vom 1.10.2017)