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abgelöst worden durch ein Gießverfahren, das, heute in der ganzen Welt verbreitet, einen Deutschen, den Dr. Weber in Schwepnitz, zum Begründer hat. Es beruht auf der Erfahrung, daß formgerecht angefeuchtete Schamottemassen, wie sie zur Darstellung der Glashäfen gebraucht werden, durch geringe Zusätze von Alkalien, welche die Feuerfestigkeit der Hafenmasse kaum beeinträchtigen, in flüssige Massen übergeführt werden. Diese flüssigen Massen gießt man in Formen aus Gips, in denen sie bald erstarren, ohne daß sich Ton- und Schamotteteilchen entmischen. Der Gips saugt die Flüssigkeit so weit auf, daß den Formen der fertiggestaltete Glashafen entnommen werden kann. Die gegossenen Schmelzgefäße übertreffen an Dichte und Haltbarkeit des Scherbens auch die besten durch Handarbeit hergestellten Häfen.

Glasmosaik.

Von deutschen Männern ist Ende der achtziger Jahre eine bedeutende deutsche Glasmosaikindustrie begründet worden, und zwar auf breiter wissenschaftlicher und technischer Basis. Auf Grund eines von dem rühmlichst bekannten Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes erlassenen Preisausschreibens hatte Professor Schwarz im Jahre 1885 mit peinlichem Fleiße die Zusammenstellung venezianischer Mosaikgläser festgestellt. Seine Arbeit gilt noch heute als ausgezeichnetes Lehrmittel für die Herstellung von Mosaikgläsern. In künstlerischer Beziehung schuf namentlich Professor Schaper neue Vorbilder für diese Industrie. Den technischen Teil brachte die Firma Puhl & Wagner zu Neu-Kölln mit großem Erfolg zur Geltung. Ihre Arbeiten für die Ausschmückung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und des Doms zu Berlin, der Elisabeth-Kemenate auf der Wartburg, der Dome zu Aachen und Bremen, der Michaelskirche zu Hamburg, anderer Kirchen, Rathäuser, Grabmonumente, öffentlicher und Privatbauten zeugen von der großen Bedeutung dieser deutschen Kunst. Die Palette umfaßt jetzt 12 000 verschiedene Farbtöne. Die Erfolge sind um so höher anzuschlagen, als die Begründer des Unternehmens nicht eigentliche Fachleute, sondern der eine Maschineningenieur und der andere Kaufmann ist, und alles, was die beiden erreicht haben, ihrer staunenswerten Energie zu verdanken ist, die selbst nicht versiegte, als sich besonders im Anfange erhebliche Schwierigekeiten entgegenstellten.

Quarzschmelzen.

Dem Glase verwandt, aber kein eigentliches Glas sind Quarzschmelzen, die man heute zu verarbeiten versteht, weil es nicht schwer fällt, die zum Flüssigmachen erforderliche hohe Temperatur von etwa 1700 Grad C mit Hilfe des Knallgasgebläses oder elektrischer Erhitzung zu erzeugen. Das geschmolzene Quarz läßt sich mittels der Glasmacherpfeife zu chemischen Geräten verblasen, die neue wertvolle Hilfsmittel für das Laboratorium und die Industrie sind. Denn sie sind unangreifbar durch Wasser und Säuren. Ihre hohe Feuerfestigkeit ermöglicht, sie bis über den Schmelzpunkt des Gußeisens hinaus zu erhitzen, ohne daß sie erweichen und ihre Form verlieren. Wegen ihres klaren, durchsichtigen Ansehens haben die Quarzschmelzen den Namen Quarzglas erhalten. Da ihr Ausdehnungskoeffizient sehr gering ist, tritt bei plötzlichem Erhitzen oder Abkühlen nur

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 629. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/192&oldid=- (Version vom 1.10.2017)