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Nach Ausweis dieser Zusammenstellung erreichte die Gesamtmenge der in Deutschland (auf Bahn und Fluß) beförderten Güter das Gewicht von reichlich 500 Mill. Tonnen. Davon entfielen mehr als 400 Mill. auf den Inlandsverkehr. Zieht man die Jahre 1909 und 1910 heran, so gelangt man annähernd zu dem gleichen Ergebnis; man wird deshalb die Verhältniszahl, wonach der Binnenverkehr 4/5, der Auslandsverkehr 1/5 der Gesamtwarenbewegung umfaßt, im großen und ganzen als zutreffend erachten dürfen.

Unter Festhaltung eines solchen Verhältnisses und unter Berücksichtigung der Wertberechnungen, die für den Auslandsverkehr in der amtlichen Statistik vorliegen und die diesen für das letzte Jahr auf rund 20 Milliarden Mark angeben, wird man für die Gütermenge des Binnenverkehrs auf eine Wertsumme von 80 Milliarden Mark kommen. In Anbetracht dessen, daß bei der Berechnung der ganze Landstraßenverkehr, der fast ausschließlich dem Binnenverkehr zuzuzählen ist, außer Ansatz geblieben ist, verschiebt sich das Verhältnis zwischen Binnen- und Auslandsverkehr noch erheblich zugunsten des ersteren, so daß die 80 Milliarden Mark einer Erhöhung benötigen.

Es ist schon angedeutet worden, daß der absolute Wert solcher Berechnungen gering ist. Wie sorgsam die amtliche Statistik auch geführt wird, die Ergebnisse bleiben lückenhaft. Namentlich gilt dies von der Statistik der Schiffahrt, aber auch die Verkehrsziffern der Bahnen geben kein vollständiges Bild; es sei nur daran erinnert, daß bei den Anschreibungen der Bahnverwaltung ein beträchtlicher Teil des Stückgutverkehrs (nämlich Beförderungsmengen unter 500 kg) ganz außer acht gelassen wird. Es ist ferner zu bedenken, daß in der Beförderungsstatistik dieselbe Ware mehrmals erscheinen kann (wenn z. B. eine Lagerung den Beförderungsakt unterbrochen hat), und bei weiterer Betrachtung ergeben sich noch mancherlei andere Bedenken gegen die Genauigkeit der Gewichtsberechnung. Auch obige Wertberechnung ist nur in rohen Umrissen ausgeführt; um eins zu erwähnen, ist bei ihr von jeder Rücksicht auf Qualitätsunterschiede abgesehen worden. Aber eines beweist trotz aller Mängel jene Berechnung: daß der Binnenverkehr den Auslandsverkehr um ein Vielfaches überragt. Namentlich das letzte Jahrzehnt hat dem deutschen Auslandsgeschäft eine überaus starke Steigerung gebracht, indes ist diese Inanspruchnahme wirtschaftlicher Kräfte keineswegs auf Kosten des Binnenverkehrs erfolgt; in gleichem Schritt und Tritt gingen Inlands- und Auslandsverkehr vorwärts.

Groß- und Kleinhandel.

Der gewerbsmäßige Vertrieb von Waren − Ware in ausgedehntestem Umfange verstanden – ist das Merkmal des Handels. Im weiteren Sinne ist auch die Tätigkeit der Fabrikanten und Landwirte, die ihre eigenen Waren an Kaufleute oder Verbraucher absetzen, als Handelstätigkeit zu bezeichnen; dagegen schließt im engeren Sinne der Begriff des Handels nur diejenigen Personenklassen ein, welche nicht die Erzeugung oder Verarbeitung von Waren, sondern einzig und allein den Übergang der Waren von einer Hand in die andere bewerkstelligen. In den Rechtsordnungen werden öfters besondere Merkmale für den Begriff des Handels aufgestellt, so daß eine Einengung des Kreises der zugehörigen Personen erfolgt; in wirtschaftlicher Hinsicht sind diese Unterscheidungen fast belanglos.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 716. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/279&oldid=- (Version vom 20.8.2021)