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kommt, der Zuschlag nur zu einem angemessenen Preise erfolgen. In allen geeigneten Fällen sollen Sachverständige vor der Ausschreibung über die Arbeitsherstellung und die Preise gehört werden. Den Zuschlag erhält derjenige, dessen Gebot die tüchtige und rechtzeitige Ausführung gewährleistet und dem angemessenen Preise am nächsten kommt. Für handwerksmäßige Leistungen, bei denen es angebracht ist, sollen Tarife durch die vergebende Behörde nach Anhörung von Sachverständigen der Handwerkskammer aufgestellt werden. Bei Ermittlung von Preisen für Unterhaltungsarbeiten an staatlichen Bauten sollen in der Regel Sachverständige der Handwerkskammern zugezogen werden. Bei Abnahme der Arbeiten sind in geeigneten Fällen Sachverständige zuzuziehen. Ferner wurden Resolutionen angenommen, die Regierung zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß auch die Selbstverwaltungsbehörden die Vorschriften des staatlichen Verdingungswesens beachten, ferner die nachgeordneten Behörden anzuweisen, in allen geeigneten Fällen bei öffentlich auszuschreibenden handwerksmäßigen Arbeiten von Bedeutung die Ausschreibungsbedingungen der betr. Handelskammer mitzuteilen, auf ihr Ersuchen auch in geeigneten Fällen den wesentlichen Inhalt der Preisangebote ohne Namensangabe der Submittenten zur Kenntnis zu bringen. Durch Erlasse vom 4. September und 22. Oktober 1912 hat der Minister der öffentlichen Arbeiten einen Teil dieser Anträge, nämlich die Anhörung von Sachverständigen vor der Ausschreibung und die Aufstellung von Tarifen für Unterhaltungsarbeiten bei staatlichen Hochbauten, erfüllt. Der Zuschlag zum angemessenen Preise ist allerdings noch nicht vorgeschrieben. Ähnliche Bestimmungen haben auch die Heeres-, Marine- und Postverwaltungen erlassen. Schon 1907 hat der Minister für Handel und Gewerbe die preußischen Gemeinden aufgefordert, bei umfangreichen Vergebungen besonders die Handwerksgenossenschaften zu berücksichtigen. Auch der Reichstag hat sich wiederholt mit dem Verdingungswesen beschäftigt. Zwar verhalten sich die verbündeten Regierungen bis heute gegenüber der reichsgesetzlichen Regelung ablehnend; aber im laufenden Jahre hat der Reichstag eine Kommission eingesetzt zur Vorberatung neuer Bestimmungen betr. Vergebung von öffentlichen Arbeiten und Lieferungen im Geschäftsbereiche des Reichsamts des Innern, die für die gesamten Reichsbehörden gelten und auch den einzelnen Bundesstaaten und den Kommunen als Richtschnur empfohlen werden sollen. Es wird auch die gesetzliche Errichtung von Verdingungsämtern angestrebt, die neuerdings bei jeder Handwerkskammer vorgesehen sind, um auf ein vertrauensvolles Zusammenwirken zwischen den ausschreibenden Behörden einerseits und den zu Verbänden zusammengefaßten Handwerkern anderseits hinzuwirken. Sie sollen den ausschreibenden Stellen Vorschläge über die Fassung der Bedingungen machen, die Handwerker beraten und die einzelnen verbinden, sei es zu Lieferungsverbänden oder sei es zu Genossenschaften, Preisverzeichnisse über die ortsüblichen Preise der häufigsten Handwerksarbeiten aufstellen, Beschwerden der Handwerker über Submissionen prüfen, überhaupt jede in Verbindung mit dem Submissionswesen stehende Tätigkeit im Interesse des Handwerks ausüben. Von verschiedenen Seiten wird auch die Errichtung eines Reichsverdingungsamtes angeregt. Mögen sich nun die Handwerker, nachdem man ihren Wünschen durchweg entsprochen hat, auch bestreben, durch Zusammenschluß

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 802. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/365&oldid=- (Version vom 20.8.2021)