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Die Aufwendungen, die in Preußen Staat, Provinzen, andere Kommunalverbände und die Landwirtschaftskammern für das landwirtschaftliche Schulwesen – ohne die Hochschulen – in baren Zuschüssen machen, sind ebenfalls entsprechend gestiegen von 642 955 M. im Jahr 1888 auf 2 593 573 M. im Jahre 1911. Die baren Zuschüsse haben daher in 25 Jahren um fast 2 Millionen Mark oder über 300% zugenommen.

Bis zum Jahre 1911 hatten seit dem Bestehen der Landwirtschaftsschulen, Ackerbauschulen und Winterschulen nicht weniger als 163 857 Schüler diese Anstalten besucht, darunter 119 454 Schüler die Winterschulen. Dies sind die Pioniere für den technischen Fortschritt in den Kleinbetrieben.

Erfolge.

Und nun zu den Erfolgen! d. h. zu einer streng kritischen Prüfung der Frage, was mit diesen gewaltigsten Anstrengungen verschiedenster Art denn nun erreicht wurde? – erreicht wurde einmal in privatwirtschaftlicher Hinsicht, d. h. für die Reinertragssteigerung der Einzelwirtschaften und andererseits in gemeinwirtschaftlicher Hinsicht, d. h. für die Steigerung der Gesamtproduktion in Lebensmitteln, also für die möglichst selbständige Ernährung unseres Volkes?

Durchweg sind die Betriebskosten – wenn auch je nach der Intensität der verschiedenen Betriebsweisen in verschiedenem Grade, so doch in nahezu allen Betrieben – sehr erheblich gestiegen – und zwar nicht nur durch die gewaltige Steigerung der Arbeitslöhne, welche bei den ländlichen Arbeitern in den letzten 25 Jahren ca. 50% betrug, sondern auch durch eine bedeutende Verteuerung aller anderen Betriebsmittel – namentlich der Baumaterialien, der Kohle, des Eisens, der Sattler- und Stellmacherwaren, Maschinen usw. Dennoch wird zugegeben werden müssen, daß im großen und ganzen in den letzten Jahren die Bruttoerträge – nicht nur an verkäuflichen Erzeugnissen, sondern auch an Geldeinnahmen stärker gestiegen sind als die Betriebskosten, so daß hieraus auch höhere Reinerträge resultierten[1]. Wenn diese Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft auch hinter denjenigen anderer Erwerbsstände weit zurückstehen und wohl in keinem Betriebe auch nur annähernd gleiche Kapitalsansammlungen ermöglichen wie in Industrie und Handel[2], so


  1. Wenn auch die aus den Steuerveranlagungen ersichtlichen Steigerungen des Einkommens der physischen Zensiten nicht ohne weiteres ein richtiges Bild dieser Zunahme der Reinerträge aus der Landwirtschaft geben, so sind sie doch zum Teil mit darauf zurückzuführen und deshalb nicht uninteressant.
    Das Einkommen der physischen Zensiten auf dem Lande in Preußen ist gestiegen von 1852 Millionen Mark im Jahre 1892 auf 4482 Millionen Mark im Jahre 1912, das steuerbare Vermögen auf dem Lande von 25 516 Millionen Mark im Jahre 1895 auf 39 388 Millionen im Jahre 1911/1913.
    Als ein weiteres wichtiges Zeichen für die günstige wirtschaftliche Entwicklung kann auch angeführt werden, daß die Auswanderung aus dem Deutschen Reiche, die im Jahre 1887 noch 104 787 Personen, gleich 2,20‰ der Bevölkerung betrug, dauernd zurückgegangen ist und im Jahre 1912 nur noch 18 545 Personen oder 0,28‰ der Bevölkerung ausmachte.
  2. Die Steigerung des Einkommens der physischen Zensiten in den Städten ist von 1892–1912 in Preußen von 3 853 Millionen Mark auf 10 757 Millionen Mark, das veranlagte Vermögen der physischen Zensiten in den Städten von 1895–1911/13 von 38 281 Millionen Mark auf 64 669 Millionen gestiegen, also ganz erheblich mehr, als die angegebenen Zahlen für die Zensiten auf dem Lande erkennen lassen.
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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/37&oldid=- (Version vom 20.8.2021)