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haben sie doch zweifellos nicht nur zu einer wesentlichen Gesundung der gesamten Landwirtschaft, sondern auch zu einer bedeutenden Steigerung ihrer Kaufkraft geführt, welche wiederum den anderen Erwerbständen – der Industrie und namentlich dem Kleingewerbe – zugute kommt, wie dies in allen neueren Handelskammerberichten nachdrücklich betont wird[1]


Landwirtschaftliche Gesamtproduktion.

Doch nun zu der – vom allgemeinen nationalen Gesichtspunkte aus noch wichtigeren – Frage der Entwickelung unserer landwirtschaftlichen Gesamtproduktion.

Eine unserer ersten Großbanken – die Dresdener Bank – hat kürzlich an die Mitglieder des Reichstages eine bemerkenswerte Broschüre über „Die wirtschaftlichen Kräfte Deutschlands“ verteilt. In dieser – der agrarischen Voreingenommenheit gewiß unverdächtigen – Schrift findet sich u. a. folgender Satz:

„Die Ernteerträge zeigen, daß Deutschland trotz seiner großen industriellen Entwicklung noch immer zu den Hauptagrarländern gehört, dank der außerordentlich gesteigerten Intensität in der landwirtschaftlichen Betriebsweise. In letzterer Beziehung steht Deutschland an der Spitze aller Agrarländer, ein Resultat, welches um so bemerkenswerter ist, als die Qualität des Grund und Bodens in Deutschland hinter anderen Agrarländern vielfach zurücksteht. Die günstigen Ernteerträge Deutschlands sind zurückzuführen auf die Verbreitung wissenschaftlicher Betriebsmethoden, auf die ständige Ausbreitung des landwirtschaftlichen Unterrichts, sowie auf die gesteigerte Anwendung von künstlichen Düngemitteln. Verbraucht doch Deutschland allein an Kali ebensoviel wie alle anderen Länder der Welt zusammen. Eine Schätzung des Wertes der ländlichen Produktion ergibt allein für die drei Produkte Brotgetreide, Vieh und Milch eine Summe von nahezu 10 Milliarden Mark jährlich.“

Dieser Gesamtwert der jährlichen landwirtschaftlichen Produktion wird dann noch an einer anderen Stelle spezifiziert und ergibt für 1912 folgende Werte: Brotgetreide 2800 Millionen, Vieh 4000 Millionen, Milch 2750 Millionen – zusammen für 1912 9550 Millionen – also nicht ganz 10 Milliarden.

Das sind gewiß bemerkenswerte Zahlen, die auch mit den von namhaften anderen Statistikern aufgestellten Berechnungen annähernd übereinstimmen.

Immerhin sind mit diesen 10 Milliarden die Geldwerte der landwirtschaftlichen Produkte noch keineswegs in ihrer Gesamtheit erfaßt. Es würde noch hinzuzurechnen


  1. Welche Bedeutung für Industrie und Handwerk hat nicht allein der gesteigerte Bezug landwirtschaftlicher Maschinen! Nach den landwirtschaftlichen Betriebszählungen betrug die Zahl der landwirtschaftliche Maschinen benutzenden Betriebe:
    1882 1895 1907 Zunahme
    1882/1907
    Zunahme
    1895/1907
    Dampfpflüge 886 1 696 2 995 258% 77%
    Säemaschinen 63 842 169 465 290 039 354% 71%
    Mähmaschinen 19 634 35 084 301 325 1435% 759%
    Dampfdreschmaschinen 75 690 259 364 488 867 546% 88%
    Andere Dreschmaschinen      298 367 596 869 947 003 217% 75%
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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 475. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/38&oldid=- (Version vom 20.8.2021)