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Erzieher für seine Familie und seine ganze Umgebung. Krankenkassen und Invalidenanstalten erkennen immer mehr, ein wie großes Interesse sie daran haben, durch Vorträge und billige Schriften, Merkblätter usw. Aufklärung und praktische Anweisungen für eine gesunde Lebensweise und die rechtzeitige und sorgfältige Krankheitsbehandlung in immer weitere Kreise zu tragen.

Die Versicherungsanstalten haben besonders für die Wohnungsfürsorge der unbemittelten Volksklassen Pionierarbeit geleistet. In Anlehnung an sie und durch ihre finanzielle Unterstützung wurden die provinziellen Wohnungsvereinigungen und Baugenossenschaften in Rheinland, Hannover, Westfalen, Hessen-Nassau, den Freien Städten usw. in den Stand gesetzt, erfolgreich zu schaffen. Nicht weniger wie 418 Mill. Mark sind seitens der Anstalten bis 1912 an Darlehen an Baugenossenschaften usw. wie Einzeldarlehen gegeben worden.

Gemeinnützige Kapitalanlagen.

Überhaupt haben sich die angesammelten Fonds der Versicherungsanstalt als ein fruchtbarer Segensborn erwiesen. Von den angelegten Kapitalien kamen bis zum Jahre 1912 auf gemeinnützige Zwecke 1117,6 Mill. Mark.

Es waren angelegt:

zum Bau von Arbeiterwohnungen, Ledigenheimen (Hospizen, Herbergen, Gesellenhäusern usw.) 418,2 Mill. Mark
zur Befriedigung des landwirtschaftlichen Kreditbedürfnisses (für Bodenverbesserung, Kleinbahnen, Hebung der Viehzucht, Linderung der Futternot usw.) 113,8 Mill. Mark
für den Bau von Krankenhäusern und für Krankenpflege überhaupt, Gesundheitspflege, Erziehung und Unterricht, Volksbildung und sonstige Wohlfahrtszwecke 517,3 Mill. Mark
für eigne Veranstaltungen, Krankenhäuser, Heilanstalten, Lungenheilstätten, Genesungsheime, Invalidenhäuser usw. 68,3 Mill. Mark
Im ganzen 1117,6 Mill. Mark

Schon die nüchterne Zusammenstellung der Zahlen ergibt ein so glänzendes Bild der deutschen Arbeiterversicherung, daß sich niemand dem Eindruck verschließen kann. Das hat sich auch auf den nationalen und internationalen Ausstellungen augenfällig erwiesen. Alle Kulturstaaten beeifern sich, uns, wenn auch in weitem Abstande, zu folgen.

Nach einer Übersicht im „Reichsarbeitsblatt“ (1912) gibt es zurzeit Zwangskrankenversicherungen in Österreich, Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Luxemburg, Serbien, Rumänien und Rußland. Eine Zwangsunfallversicherung haben außer Deutschland Österreich, Ungarn, Italien, Frankreich, Norwegen, Dänemark, Finnland, Niederlande, Luxemburg, Schweiz, Serbien, Griechenland, Rumänien und Rußland. Invaliden- und Alterszwangsversicherungen bestehen außer in Deutschland in Österreich, Ungarn, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Luxemburg, Griechenland und Rumänien. Daneben haben Deutschland, Osterreich, Ungarn, Frankreich und Griechenland auch eine Hinterbliebenenversicherung. Die freiwillige Versicherung ist in den meisten Staaten neben der Zwangsversicherung für bestimmte nicht versicherungspflichtige Berufsklassen eingeführt. Eine ausschließlich freiwillige Krankenversicherung besteht in Belgien, Schweden, Finnland, Spanien,

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 852. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/415&oldid=- (Version vom 20.8.2021)