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des preußischen Herrenhauses Gelegenheit, bei Beratung kirchlicher Fragen mitzusprechen. Wenn der Kaiser bei festlichen Anlässen den Bischöfen seine wohlwollende Anteilnahme durch Glückwünsche und Auszeichnungen kundgab, so verfehlte er auch nicht, bei Todesfällen sein Beileid auszudrücken.

Kirchl. Stiftungen des Kaisers.

Wie für Zwecke der Seelsorge mit Mitteln nicht gegeizt wurde, so haben auch Kirchenbauten, soweit sie nicht den Gaben der Gläubigen ihre Entstehung verdankten, sich vielfacher Subvention zu erfreuen gehabt. Der Kaiser selbst ging mit leuchtendem Beispiel voran. Ein Werk edelster Gotik hatte das Reich in der herrlichen Kathedrale von Metz erhalten. Ihr großartiges, stilgerechtes Portal wäre ein Denkmal von Wilhelms II. Liberalität und Kunstsinn, selbst wenn das Prophetenantlitz an demselben nicht seine Züge trüge. Das von demselben fürstlichen Stifter dem Dome zu Münster geschenkte Glasgemälde stellt Karls d. Gr. und Leos III. freundschaftliche Beziehungen – in dem Besuche von Paderborn – dar, ein sinniges Geschenk des Kaisers, dessen gutes Einvernehmen mit Leo XIII. die deutschen Katholiken mit so dankbarer Freude erfüllte. Wiederum erschien das Oberhaupt des neuen Reiches als Erbe der Kaiserherrlichkeit Karls d. Gr. bei dem feierlichen Einzug in der alten Krönungsstadt Aachen, und in der hochherzigen Stiftung einer Kanzel für deren ehrwürdiges Münster. Und wenn Barbarossas Sinn nach dem Heiligen Lande stand, „wo um Heil das Schwert geworben, Suchend des Erlösers Spur“, so pilgerte auch der edle Romantiker auf dem neuen Kaiserthrone nach Palästinas Strand und gab, tief ergriffen von der Heiligkeit dieser denkwürdigen Stätten, der Welt das Schauspiel eines lauten und freudigen Bekenntnisses zum Erlöser. Auch diese Gelegenheit sollte nicht vorübergehen, ohne daß der kaiserliche Pilger seine Untertanen katholischen wie evangelischen Bekenntnisses mit wahrhaft fürstlichen Geschenken überraschte. Die Stätte, an welche die Überlieferung den Heimgang der Mutter des Herrn knüpfte, daher Dormitio beatae Mariae virginis genannt, und die der Kaiser vom Sultan erworben hatte, ward den deutschen Katholiken zu freier Nutznießung übergeben und damit eine längst gehegte Sehnsucht des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande nach einer Stätte am Berge Sion erfüllt. Leo XIII., welchen der Kaiser sofort von dem Geschehenen telegraphisch benachrichtigte, sandte seine erfreuten Glückwünsche, der deutsche Episkopat dankte durch eine glänzende Kundgebung, ein Sturm der Begeisterung ging durch die Reihen der deutschen Katholiken. Bei der Einweihung der auf der geschenkten Stätte erbauten Kirche war Prinz Eitel Friedrich mit Gemahlin im Auftrage des kaiserlichen Vaters anwesend, und dieser telegraphierte „daß, während man hier auf dem Ölberge und auf dem Sion die Gottesdienste feierte, die herrlichen Glocken der schönen katholischen und der schönen evangelischen Kirche in Homburg ihre Klänge vereint zum Lobe des Herrn ertönen ließen“. Wann hat ein protestantischer Herrscher solches für seine katholischen Untertanen getan?

Protektorat im Orient. Missionen.

Mit der Kaiserreise nach Palästina und den dortigen Stiftungen war zugleich

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1032. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/595&oldid=- (Version vom 14.2.2021)