Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 2.pdf/597

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Religiöse Orden.

Im kirchlichen Leben des Katholizismus spielen die Orden eine hervorragende Rolle. Dem Protestantismus fremd, haben sie von jeher gegen Vorurteile zu kämpfen gehabt, zu denen freilich zuweilen auch das unkluge Auftreten einzelner ihrer Angehörigen Veranlassung gegeben haben mag. Neben dem katholischen Bayern, das Benediktiner, Franziskaner-Observanten und -Konventualen, Kapuziner, Augustiner, Karmeliten, Redemtoristen, Salvatorianer aufweist, und neben Hessen (und den Reichslanden) mit wenigen Niederlassungen von Männerorden ist Preußen der einzige deutsche Bundesstaat, in welchem – außer einigen männlichen und weiblichen Genossenschaften für Krankenpflege und Jugendunterricht – Benediktiner, Kartäuser, Zisterzienser, Trappisten, Franziskaner, Kapuziner, Dominikaner, Augustiner, Redemtoristen, Oblaten, Weiße Väter, Väter vom Hl. Geist, Steyler Missionäre, Pallotiner u. a. eine Heimstätte gefunden haben.

Benediktiner.

Sie alle widmen sich der Seelsorge, die Benediktiner daneben noch der Pflege kirchlicher Musik und Kunst, teilweise auch der Wissenschaft. Nicht nur um letzterer Zwecke willen mag dieser Orden die besondere Gunst des Kaisers gewonnen haben. Das hohe Alter, auf das die Stiftung des Patriarchen des abendländischen Mönchtums zurückblickt, macht sie an sich schon ehrwürdig; nimmt man dazu die strenge Disziplin, die bei diesem Orden am wenigsten durch Einmischung in die Händel dieser Welt, z. B. Politik, durchbrochen wird, die vornehme Zurückhaltung, die er allen nicht das Gebiet des Religiösen berührenden Angelegenheiten gegenüber stets beobachtet hat, so versteht man, wie ein Fürst von dem soldatischen Geiste und der religiösen Anlage Wilhelms II. sich besonders für die Benediktiner erwärmen konnte. Die hohe Bedeutung, welche das Stammkloster von Monte Cassino für die Kirchen-, Welt- und Kulturgeschichte hatte, die Denkmäler deutscher Kunst, die es besitzt, und der Einfluß, den dort das deutsche Element seit lange geübt hat, mögen den Kaiser bestimmt haben, den heiligen Berg zu besteigen. Natürlich erfreuten sich auch die Benediktiner im Reiche selbst des besonderen kaiserlichen Wohlwollens. Nachdem sie schon im Beginne der Friedenszeit das Beuroner Kloster wieder hatten bevölkern dürfen, genehmigte Wilhelm II. im Jahre 1892 auch eine Niederlassung in Maria Laach, worüber er den stets von ihm ausgezeichneten Beuroner Erzabt Pl. Wolter sofort telegraphisch benachrichtigte. Im Mai 1897 kam er selbst in das Kloster, dem er einen kunstvollen Altar stiftete. Bereits vier Jahre später treffen wir den kaiserlichen Gönner abermals dort und hören ihn rühmen „die großen Verdienste, welche die Benediktiner um Wissenschaft und Kunst sich allezeit erworben“. Und als er im Spätherbst 1910 in Beuron weilte, sprach er aufs neue seine Anerkennung aus, daß die Benediktiner nicht nur die Religion aufrechtzuerhalten und zu stärken bestrebt, sondern auch Kulturträger seien auf dem Gebiete des Kirchengesanges, der Kunst und Wissenschaft; er erhoffe von ihnen wirksame Unterstützung in seinem Bestreben, dem Volke die Religion zu erhalten. Das zwanzigste Jahrhundert habe Bestrebungen ausgelöst, deren Bekämpfung nur mit Hilfe der Religion und mit Unterstützung des Himmels siegreich durchgeführt werden könne. Darum habe er dem Kloster ein Kreuz gestiftet als Symbol, daß auch der Krone ein Erfolg nur verbürgt sei, wenn sie sich stütze auf das Wort und die Persönlichkeit des Herrn. Diese Äußerung erinnerte an das

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1034. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/597&oldid=- (Version vom 14.2.2021)