Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 2.pdf/678

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

breitere Schultern, sodann durch unmittelbare Gewährung von Ergänzungszuschüssen im Anschluß an die Verfassungsbestimmung. Den ersteren Weg hat der Staat zuerst eingeschlagen im Ruhegehaltskassengesetz von 1893. Für die Schulverbände jedes Regierungsbezirkes wurde eine gemeinsame Ruhegehaltskasse errichtet, die die Zahlung aller Ruhegehälter übernahm und ihren Bedarf auf die einzelnen Schulverbände, nicht nach der Zahl der aus jedem Schulverbande Ruhegehaltsberechtigten, sondern nach der Jahressumme des nicht durch Staatsbeiträge gedeckten ruhegehaltsberechtigten Diensteinkommens der Lehrpersonen jedes Schulverbandes verteilte. Damit wurde ein von der Staatsregierung seit 1842 verfolgter Plan verwirklicht. Den kleinen Gemeinden, die zufällig Ruhelehrer zu unterhalten hatten, wurde eine drückende Last abgenommen, und es wurden die bisher in Pensionierungsfällen plötzlich eintretenden Steigerungen des Schulhaushaltsetats in allen kleineren Gemeinden durch die erwünschte Stetigkeit der Ausgaben für Ruhegehälter ersetzt. Auf der gleichen Grundlage der Versicherung auf Gegenseitigkeit, wie die Ruhegehaltskassen beruhen die Alterszulagekassen. Sie wurden durch das erste Lehrerbesoldungsgesetz von 1897 eingeführt und 1909 ausgestaltet. Die Alterszulagekasse übernimmt für alle ihr angeschlossenen Stellen die Zahlung der fälligen Alterszulagen und verteilt unter Anrechnung der gesetzlichen Staatszuschüsse den Bedarf wieder nicht nach den in jeder Gemeinde fälligen Alterszulagen, sondern lediglich nach der Anzahl der vorhandenen Stellen. Die Zahlung der Grundgehälter, der Amts- und Ortszulagen, der Mietentschädigungen und die sächlichen Unterhaltungskosten einschließlich der Stellung der Dienstwohnungen ist den einzelnen Schulverbänden verblieben. Die Vereinigung der Schulverbände auch zur Tragung der ihnen noch verbliebenen persönlichen Ausgaben wird von den Verfechtern der Lehrerbesoldungskassen angestrebt, von den dabei beteiligten Lehrerkreisen mit dem Ziele der gehaltlichen Gleichstellung aller Lehrer nach oben; sie wäre beinahe schon gleichbedeutend mit der Verstaatlichung der Volksschule. Die Staatsregierung hat dem, gestützt auf den soeben erst im Volksschulunterhaltungsgesetz aufrecht erhaltenen Verfassungsgrundsatz, entschieden widersprochen.

Staatszuschüsse.

So oft der Staat den Gemeinden auf gesetzlichem Wege Mehrleistungen für die Volksschule auferlegt hat, hat er auch Vorsorge getroffen, daß den unvermögenden Gemeinden Ergänzungszuschüsse aus der Staatskasse gewährt wurden. Es ist bisher aber nicht gelungen, einen objektiven Maßstab für die Feststellung des Unvermögens eines Schulverbandes aufzustellen. Die gegenwärtig geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Staatsleistungen für die Volksschule gehen dahin, alle Schulverbände, bis auf wenige, deren Leistungsfähigkeit das Gesetz nach objektiven Merkmalen feststellt, soweit als unvermögend anzusehen, daß ihnen die gesetzlichen Staatsbeiträge und Staatszuschüsse zur Alterszulagenkasse für alle Schulstellen bis zur Höchstzahl von 25 gewährt werden. Die Schulverbände mit nicht mehr als 7 Schulstellen sind durch Gewährung weiterer Staatsbeiträge noch besonders begünstigt. Außer diesen gesetzlich festgestellten Staatsbeiträgen sind der Staatsregierung noch bedeutende Fonds zur Gewährung von Ergänzungszuschüssen zur Verfügung gestellt, deren Verteilung ihr zusteht, wobei die Bewilligung an die Schulverbände mit 25 oder weniger Schulstellen durch

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/678&oldid=- (Version vom 31.7.2018)