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Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst ausstellen dürfen. Damit war den Volksschullehrern auch der Eintritt in den Reserveoffiziersstand eröffnet. Die einjährig dienenden Volksschullehrer haben sich als geschulte Erzieher im Kompagnieverbande bewährt, ihre musikalische Bildung ist von hohem Wert für den inneren Dienst, und Tausende von ihnen, solche, die mit und solche, die ohne Schnüre gedient haben, sind zu Unteroffizieren der verschiedenen Rangstufen befördert worden, und eine größere Anzahl auch bereits zu Reserveoffizieren.

Einkommen.

Vor 25 Jahren gab es in Preußen noch kein Gesetz, welches den Lehrern ein festes Einkommen gewährte. Wohl war in der Verfassungsurkunde den Lehrern die Gewährung eines festen, den Lokalverhältnissen angemessenen Diensteinkommens zugesagt, aber staatliche Vorschriften, welche die Regelung der für die einzelnen Lehrerstellen bestehenden, auf dem Lande meist nach kirchenrechtlichen Normen festgesetzten Dotationen anordneten, waren nicht ergangen. Nur in einzelnen Landesteilen gab es Vorschriften über die Höhe des Diensteinkommens und diese sahen zum Teil nur die Höhe der Naturalbezüge vor, zuweilen Mindestsätze des Gesamteinkommens unter Anrechnung der Naturalbezüge, zuweilen verhinderten sie auch die Gehaltssteigerung über bestimmte Höchstsätze hinaus, so in der Provinz Hannover, wo in Land- und Fleckensgemeinden 150 Thlr., in Städten 300 Thlr. das Höchstgehalt ausmachten. Die Gehälter wechselten von Ort zu Ort und hingen im wesentlichen vom Wohlwollen der Gemeindekörperschaften ab. Das durchschnittliche Stelleneinkommen im ganzen Staate (außer Wohnung und Feuerung) betrug 1013 M., in Westpreußen nur 794, in Sachsen 1040, in Schleswig-Holstein 1114, im Rheinland 1133. Dazu war durch das eine rückläufige Bewegung bezeichnende Anforderungsgesetz von 1887 den Bestrebungen der Bezirksregierungen, die Aufbesserung ungenügender Lehrergehälter durch Verwaltungsmaßregeln zu erzwingen, ein Riegel vorgeschoben. Von da ab hing es von den Selbstverwaltungsorganen, den Kreisausschüssen, den Bezirksausschüssen, den Provinzialräten, denen gegenüber die Verwaltungsbehörde in die Rolle der klagenden Partei verwiesen war, ab, ob den Schulunterhaltungspflichtigen neue und erhöhte Leistungen auferlegt werden dürfen. Bald genug hat die Unterrichtsverwaltung erfahren, daß das Gesetz dahin führt, daß die zulässige Belastung der Gemeinden auf ein Mindestmaß beschränkt wurde, in der Erwartung, daß dann der Staat mit seinen Mitteln eintrete, daß also in Ermangelung von Staatsmitteln ein den Bedürfnissen entsprechende Fortentwicklung nicht mehr eintrat. Sie hat es seit dem Jahre 1890 nicht an Versuchen fehlen lassen, das Anforderungsgesetz wieder zu beseitigen. Zwar ist ihr dies nicht gelungen, aber die nachteiligen Wirkungen des Gesetzes hinsichtlich der Besoldungsfestsetzung der Lehrer sind durch die Lehrerbesoldungsgesetze von 1897 und 1909 doch beseitigt worden. Den Volksschullehrern ist jetzt in gleichem Maße, wie den unmittelbaren Staatsbeamten, die Beschreitung des Rechtsweges in Hinsicht von vermögensrechtlichen Ansprüchen aus ihrem Dienstverhältnis zugesichert. Es kann wohl davon Abstand genommen werden, das System der gegenwärtigen Volksschullehrerbesoldung hier darzustellen. Nur die Wirkung des Gesetzes von 1909 mag an einigen Zahlen zur Anschauung

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/683&oldid=- (Version vom 31.7.2018)