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in die Gewinnung, die Förderung und die Aufbereitung der geförderten Materialien.

Aufschließen der Lagerstätten.

Dasselbe besteht im Schachtabteufen und im Auffahren unterirdischer Strecken bis zur Erreichung der Lagerstätten. Neben den älteren Verfahren zum Schachtabteufen ist in den letzten 13 Jahren das sogenannte Versteinungs- oder Zementierverfahren zur Anwendung gelangt, das nur mit Zement arbeitet. Es wurde im Jahre 1900 zum ersten Male von dem sächsischen Bergwerksdirektor A. Wiede beim Abteufen des Pöhlerau-Schachtes mit Erfolg versucht und dann von den Franzosen Portier und Saclier weiter ausgebildet. Bei diesem Verfahren werden vor oder während des Abteufens Bohrlöcher in einem Kranze um den abzuteufenden Schacht niedergebracht, in diese Zementmilch eingepreßt und so die Klüfte und Spalten im Gesteine mit Zement wasserdicht ausgefüllt. Nach Erhärtung des Zementes wird dann in dem versteinten Gebirge der Schacht von Hand trocken abgeteuft. Unter günstigen Gebirgsverhältnissen und bei gutem Gelingen gestattet dieses Verfahren, den kostspieligen eisernen wasserdichten Ausbau zu ersparen, dessen laufender Meter je nach der Teufe 1000 M. und mehr kostet.

Das oben genannte Verfahren ist jedoch nicht im schwimmenden Gebirge anwendbar, das an vielen Orten Deutschlands über den Kohlen und dem Kali lagert. Solange dessen Mächtigkeit nicht allzu groß ist, wendet man in diesem Falle das ziemlich alte Senkschachtverfahren an. Hierzu bedient man sich neuerdings des Sackbohrers nach Sassenberg-Clermont, der ein Aufholen der gefüllten Säcke ohne Ziehen des ganzen Gestänges gestattet, oder man benützt Becherwerke oder Greifbagger, nachdem das Gebirge durch einen Rührbohrer aufgelockert worden ist. Eine Verbesserung des Senkschachtverfahrens ist das Verfahren von Pattberg, bei dem, wie bei Kind-Chaudron, ein großer Schachtbohrer im Schnellschlage die Sohle bearbeitet und das auf diese Weise zerkleinerte Gebirge durch Mammutpumpen ununterbrochen zutage gefördert wird. Mit diesen Senkschächten kann man nur geringe Schwimmsandmächtigkeiten überwinden, da der Senkzylinder infolge der starken Reibung an den Schachtwänden früh steckenbleibt und nicht über eine gewisse Teufe einzupressen ist.

Auch das am Ende der 90er Jahre eingeführte Schachtabteufen durch Preßluft, bei dem man durch künstliche Erhöhung des Luftdruckes im Innern des Schachtes und insbesondere im eigentlichen Arbeitsraume unmittelbar über der Schachtsohle das Wasser in das Gebirge zurückpreßt und so ein Abtrocknen des Gebirges erzielt, gestattet nur das Niederbringen von Schächten bis zu einer Teufe von 25 oder 30 m unter dem Grundwasserspiegel.

Bei größeren Schwimmsandmächtigkeiten kommt zurzeit nur das Honigmannsche Bohrverfahren oder das Pötschsche Gefrierverfahren in Betracht. Nach dem ersteren Verfahren, das in der letzten Zeit von der Gewerkschaft „Deutscher Kaiser“ und von dem Ingenieur Stockfisch wesentlich vervollkommnet worden ist, wird, wie bei Pattberg, ein Schacht im toten Wasser vermittelst Schlag- oder Drehbohrer unter gleichzeitiger Förderung des Gutes durch Mammutpumpen abgebohrt, ohne indes gleichzeitig einen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 508. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/71&oldid=- (Version vom 31.7.2018)