Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 2.pdf/76

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

regelmäßig weiter bewegt werden, um dem Arbeitsorte folgen zu können. Dieses erfordert Maschinen, die sich schnell aufstellen und wieder abbrechen lassen und die, da sie von Arbeitern verrückt werden müssen, kein allzu großes Gewicht besitzen. Ferner kommt beim Bau solcher Maschinen als besonders erschwerend hinzu, daß man, besonders im Steinkohlenbergbau, nur zwei Dimensionen, die Länge und Breite, zur Verfügung hat, da die oft sehr schwache Mächtigkeit der Flöze nur eine geringe Bauhöhe der Maschinen (Schrämmaschinen, Förderrutschen) gestattet, und da diese auch in ihrer Längs- und Breitenausdehnung durch den Grubenausbau beschränkt werden.

Die beiden wichtigsten Arbeiten des Bergmannes, das Bohren von Löchern zur Aufnahme der Sprengstoffe und das Unterschrämen der Flöze, wurden bis zu den 80er Jahren lediglich durch Muskelkraft ausgeführt. Zwar hatte man bereits Anfang der 80er Jahre zum Auffahren von Eisenbahntunnels die drehende Brandtsche hydraulische Bohrmaschine zum Bohren der Sprenglöcher verwendet, jedoch war diese Maschine, weil zu schwer und groß, für den Bergbau nicht geeignet. Hier führte sich aber bald die von Preßluft angetriebene Stoßbohrmaschine ein, die in den verschiedensten Bauarten innerhalb der letzten 25 Jahre überall im deutschen Bergbaue mit gutem Erfolge benutzt worden ist. Da der Kraftverbrauch der Preßluftbohrmaschinen jedoch 8–10 PS beträgt, so machte bereits Werner v. Siemens Versuche mit elektrischem Antriebe, und zwar mit Solenoidmaschinen, die indessen keine praktischen Erfolge hatten. Aus diesen Versuchen ging dann aber die Kurbelstoßmaschine der Firma „Siemens & Schuckert“ hervor, die sich bei einem Kraftverbrauche von nur 1–1,5 PS sehr gut bewährte und schnell Einführung fand. Außerdem besitzt der elektrische Antrieb den Vorteil, daß die schwer zu verlegenden, nie dicht zu haltenden und deshalb ständig Kraftverluste verursachenden Druckluftleitungen durch biegsame elektrische Kabel ersetzt werden können.

Während diese Stoßbohrmaschinen die bergmännische Arbeit mit dem Wurfbohrer ersetzen, haben sich neben ihnen in den letzten 5 Jahren kleinere und leichtere Bohrmaschinen eingebürgert, die Bohr- oder Abbauhämmer, welche die Arbeit des Meißelbohrens vermittels Fäustel mit gutem Erfolge nachahmen und nach ihrer Wirkungsweise auch als Schlagbohrmaschinen bezeichnet werden. Das Vorbild für diese Bohrhämmer ist die Frankesche Schrämmaschine, ein Preßluftmeißel, der Anfang der 90er Jahre im Mansfeldschen Kupferschieferbergbau Eingang gefunden hat, hier aber nicht dazu diente, Löcher auszubohren, sondern Schräme herzustellen, indem man das mit einer lanzettförmigen Spitze versehene Werkzeug spitzwinklig gegen den Arbeitsstoß richtete, an diesem entlang bewegte und so Stücke aus der Schrämschicht heraussprengte.

Infolge ihrer geringen Größe und ihres kleinen Gewichtes, die es gestatten, mit diesen Maschinen auch in sehr beengten und schlecht zugänglichen Räumen zu arbeiten, haben sie überall schnell Eingang gefunden und die schwerhandlichen Stoßbohrmaschinen vielfach verdrängt. Man vermag mit ihnen bei einem Kraftverbrauche von 4–5 PS in mildem Gesteine 40–80 cm in der Minute zu bohren.

Bei sehr mildem und gleichmäßigem Gesteine ersetzt man die stoßenden und schlagenden Bohrmaschinen zweckmäßig durch drehende Bohrmaschinen, die von der Hand, in den letzten Jahren aber auch durch den elektrischen Strom betätigt werden, nachdem die

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 513. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/76&oldid=- (Version vom 31.7.2018)