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beinahe das Fünffache vermehrt, sie belief sich im Jahre 1912 auf 29,14 Millionen Tonnen.

Brikettieren der Eisenerze.

Für die Eisenindustrie hat das Brikettieren feiner Erze deshalb von Jahr zu Jahr an Wichtigkeit zugenommen, weil der Bergbau infolge der Verwendung brisanter Sprengstoffe eine größere Menge von Feinerz liefert als früher. Außerdem steigt mit der Länge der Transportwege, mit der Notwendigkeit des Umladens der Anteil an Feinerzen. Auch beim Hochofenbetrieb haben sich die Verhältnisse in dieser Richtung verschlechtert. In den niedrigen Öfen, welche mit geringer Windpressung betrieben werden, war es möglich, eine gewisse Menge Feinerz in der Erzgattierung zu verhütten, ohne daß sich Betriebsschwierigkeiten ergaben. Mit der Zunahme der Höhe der Öfen und der Steigerung der Windpressung verursachten größere Mengen Feinerze in der Ofenbeschickung Betriebsschwierigkeiten. Die erhöhte Windpressung brachte es fernerhin mit sich, daß eine größere Menge Gichtstaub mit den Gasen fortgerissen wurde, dessen Wiederaufgabe in den Ofen ohne Brikettierung nicht möglich ist. Ferner müssen die auf magnetischem Wege aufzubereitenden Erze vorher zerkleinert und die Erze zwecks Verhüttung brikettiert werden.

Alle diese Umstände bedingten es, daß der Lösung dieser Frage große Aufmerksamkeit zugewendet wurde, und es sind in den letzten 25 Jahren etwas über 50 Verfahren durch Patente geschützt worden. Sie verwenden meist Bindemittel anorganischer und organischer Natur (Pressen mit geringem und hohem Druck) und setzten die Preßlinge häufig einer Nachbehandlung aus. Nur eine beschränkte Zahl der zahlreichen Verfahren ist über Versuche zu betriebsmäßiger Anwendung gekommen, und von diesen haben sich nur wenige auf die Dauer bewährt. Die Frage der Brikettierung der Eisenerze ist daher noch nicht in jeder Beziehung vollständig gelöst.

Ein anderer Weg zur Erzielung der Verhüttbarkeit von Feinerzen und von Gichtstaub bildet die Agglomerierung, welche in einem Erhitzen der zu agglomerierenden Materialien bis zum Zusammensintern besteht. Das Verfahren wird in den von der Zementindustrie übernommenen Drehrohröfen ausgeführt. Es werden hierbei unregelmäßige klumpige Agglomerate erhalten, die für den Hochofen ebenso geeignet sind als regelmäßig geformte Stücke. Für dieses Verfahren eignen sich jedoch nur solche Materialien, bei denen die Schmelztemperatur genügend hoch über der Sintertemperatur liegt, da sonst die Gefahr vorliegt, daß das zu verarbeitende Gut vollständig zum Schmelzen kommt.

Roheisenerzeugung.

Die Fortschritte im Hochofenbetrieb bestehen hauptsächlich darin, daß die Handarbeit bei der Beförderung der Rohmaterialien durch maschinelle Einrichtungen ersetzt und die Erzeugung durch Vergrößerung des Ofeninhalts und Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gebläsemaschinen erhöht worden ist. Wesentliche Erfolge wurden in der Nutzbarmachung der Nebenprodukte des Hochofens dadurch erzielt, daß das Gichtgas in Gaskraftmaschinen verwendet und die Schlacke zum Teil auf Zement verarbeitet wurde.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 526. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/89&oldid=- (Version vom 20.8.2021)