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Verfahren können ebenso wie beim Hoeschverfahren große Mengen von Roheisen in flüssigem Zustande zur Verarbeitung gelangen, wodurch die Erzeugungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verfahrens eine beträchtliche Steigerung erfährt. Heute arbeiten etwa 12 Werke nach dem sog. Roheisenerzverfahren. Um die ungefähr 30% betragenden Wärmeverluste durch die Abgase des Martinofens zu vermindern, wurde auf der Hütte Phönix nach dem Vorbilde des Puddelofens die Wärme der Abgase zur Dampferzeugung ausgenutzt.

Die Erzeugung im Martinofen hat in den letzten 25 Jahren um etwa den zwanzigfachen Betrag zugenommen, es hat also dieser Prozeß die stärkste Produktionssteigerung aufzuweisen. Der prozentuale Anteil des Martinflußeisens an der gesamten Flußeisenproduktion belief sich im Jahre 1887 auf noch nicht 25%, er hat sich heute auf 37% gehoben, und im Jahre 1912 stellte sich die Gesamtmenge der Erzeugung auf 6,8 Millionen Tonnen. Hiervon wurden nur 2,8% im sauer zugestellten Ofen erschmolzen.

Darstellung des Stahles im Elektrostahlofen.

Auf diesem Gebiete sind durch Umsetzung der elektrischen Energie in Wärme in geeignet konstruierten Öfen in den letzten 7 Jahren große Fortschritte erzielt worden.

Die Ofensysteme, welche hauptsächlich in Anwendung kommen, sind der im Jahre 1906 von dem Stahlwerk Lindenberg in Remscheid von Frankreich übernommene Héroultofen, der ebenfalls in Frankreich erfundene Girodofen, sowie der Ofen von Stassano, der aus Italien stammt. Öfen deutscher Konstruktion sind die von Röchling-Rodenhauser und der Nathusiusofen. Als Einsatz wird meist flüssiges, im Martinofen oder in der Birne vorgefrischtes Material verwendet, das im elektrischen Ofen einer weitgehenden Reinigung unterzogen werden kann. Es wird auf diesem Wege hauptsächlich Qualitätsmaterial erzeugt, worunter sich häufig hochwertige Sonderstähle befinden. In Deutschland und Luxemburg waren im Jahre 1912 auf 15 Werken Elektrostahlöfen in Betrieb mit einer Erzeugung von 74 177 Tonnen.

Zink.

Die Vorräte an Galmei, der in früheren Jahren das Rohmaterial für die Zinkdarstellung lieferte, reichten für die bedeutend vermehrte Zinkproduktion nicht mehr aus, weshalb in immer größer werdenden Mengen Zinkblende zur Verhüttung herangezogen werden mußte. Hierbei sind jedoch umfangreiche Vorbereitungsarbeiten für den Destillationsprozeß erforderlich, so daß sich die Fortschritte in den letzten 25 Jahren hauptsächlich auf die Ausgestaltung dieser Vorbereitungsarbeiten erstreckten. Sie bestehen in einer ziemlich weitgehenden Zerkleinerung der Erze, in der Aufbereitung armer Erze, sowie namentlich in der Röstung derselben. Zur Zerkleinerung werden Steinbrecher und Walzwerke verwendet. Die Aufbereitung ist durch Einführung der Linkenbachschen Rundherde, der magnetischen und elektrostatischen Trennung, sowie durch das Flotationsverfahren vervollkommnet worden. Als Röstöfen kamen in Deutschland der Eichhorn-Liebig-Ofen, der Ofen von Hasenclever und der Savelsbergofen in Anwendung, während sich mechanische Röstöfen als Ersatz für die Fortschauflungsöfen in Deutschland nicht einbürgerten. In der Kondensation der schwefligen Säure aus den

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 532. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/95&oldid=- (Version vom 20.8.2021)