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im Gebiete der Abelschen Funktionen fortgesetzt. Wir nennen ferner die Bücher: H. Stahl, Theorie der Abelschen Funktionen (1906). W. Wirtinger, Untersuchungen über Thetafunktionen (1895). A. Krazer und F. Prym, Neue Grundlagen einer Theorie der allgemeinen Thetafunktionen (1892). A. Krazer, Theorie der zweifach unendlichen Thetareihen auf Grund der Riemannschen Thetaformel (1903). F. Prym und G. Rost, Theorie der Prymschen Funktionen erster Ordnung im Anschluß an die Schöpfungen Riemanns (1911).

Funktionen mehrerer Variabeln.

Wir wollen das weite Gebiet der Funktionentheorie nicht verlassen, ohne einen flüchtigen Blick auf die Theorie der Funktionen mehrerer Variabeln, vor allem der algebraischen Funktionen zweier Variabeln zu werfen, welche letzteren mit den tiefsten Untersuchungen über die algebraischen krummen Oberflächen zusammenhängen. Hier sind besonders die italienischen Mathematiker Enriques, Severi, Castelnuovo u. a. m. vorangegangen, in Frankreich Picard. Aber auch in Deutschland, wo M. Noether wohl der hervorragendste Forscher auf diesem Felde ist, sind solche Untersuchungen nicht vernachlässigt worden, und unter den jungen Mathematikern hat P. Koebe mit seinen schönen Uniformisierungsarbeiten einen verheißungsvollen Weg beschritten.

Prinzipien der Geometrie.

Die philosophische Vertiefung aller Grundbegriffe der Mathematik hat sich besonders in der Geometrie vollzogen. Schon vor 1889 hatte F. Klein in seinen „Vergleichenden Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen“ (1872) den Blick auf die Entstehung und die Zusammenhänge der geometrischen Begriffe gelenkt. Pasch brachte dann in seinen „Vorlesungen über neuere Geometrie“ (1882) den empirischen Ursprung der Geometrie zur vollen Geltung. Das Problem der axiomatischen Behandlung der Geometrie unter Voranstellung des Gruppenbegriffes hat S. Lie im dritten Bande seiner „Theorie der Transformationsgruppen“ (1893) in Angriff genommen. Veronese gab in seinen „Grundzügen der Geometrie von mehreren Dimensionen und mehreren Arten in elementarer Form entwickelt“ (deutsch 1894) einen streng synthetischen Aufbau der Geometrie von den ersten Grundlagen aus und setzte dabei das Stetigkeitsaxiom nicht durchgängig voraus. Den Versuch, die Untersuchungen über die Grundlagen der Geometrie zu einem einheitlichen Ganzen zu verarbeiten, machte W. Killing in seiner „Einführung in die Grundlagen der Geometrie“ (2 Bände, 1893 u. 1898). Durch die Wiederkehr des hundertsten Geburtstages von Lobatschefskij (1893) und von J. Bolyai (1902) sowie durch die Veröffentlichung von Dokumenten über die Ansichten von Gauß erhielten die Mathematiker neue Anregungen, sich mit diesen Prinzipienfragen zu beschäftigen. Als historische Schriften von nachhaltiger Wirkung erwiesen sich: „Die Theorie der Parallellinien von Euklid bis auf Gauß“ von P. Stäckel und F. Engel (1895) und „Nikolaj Iwanowitsch Lobatschefskij, zwei geometrische Abhandlungen, mit einer Biographie des Verfassers" von F. Engel (1899); der Briefwechsel zwischen Gauß und W. Bolyai, herausgegeben von F. Schmidt und P. Stäckel, sowie die neuen Ausgaben der Werke von Lobatschefskij und Bolyai.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/102&oldid=- (Version vom 20.8.2021)